Blog Halbleiter: Eine weniger zyklische Zukunft Die Verbreitung von Halbleitern in unserer gesamten Wirtschaft könnte Nachfrage und Erträge beständiger und konjunkturresistenter machen.
In der Halbleiterbranche ist ein tiefgreifender Wandel im Gange. War sie einst für ihre Aufs und Abs im Zuge der Nachfrage nach einigen wenigen Verbrauchergeräten berüchtigt, so sind Chips nunmehr für die meisten Bereiche unserer Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Diese Verbreitung sollte die ausgeprägten Schwankungen glätten und für eine beständige Nachfrage sorgen, selbst in Phasen mit abflauender Konjunktur und steigendem Rezessionsrisiko. Dennoch werden Chip-Aktien unverändert mit einem Abschlag gehandelt, der auf ihrer Konjunkturabhängigkeit der 1990er- und 2000er-Jahre beruht. Aus unserer Sicht stellt dies eine attraktive Gelegenheit für Anleger dar, im Vorfeld der von uns erwarteten Neubewertung am Markt hin zu höheren Multiplikatoren einzusteigen, da sich die Gewinne als robuster erweisen als in vorangegangenen Zyklen. Von zyklisch zu langfristig Aus historischer Sicht war der Halbleitersektor von Aufs und Abs geprägt, die mit dem globalen BIP-Wachstum korrelierten: Die unersättliche Nachfrage nach einem Verbraucherprodukt – wie PCs in den 1980er-Jahren, Mobiltelefone in den 2000er-Jahren und Smartphones in den 2010er-Jahren – veranlasste die Hersteller dazu, ihre Produktionskapazität massiv auszuweiten. Früher oder später überstieg das Angebot dann die Nachfrage, entweder aufgrund einer Überproduktion oder eines wirtschaftlichen Abschwungs – und zwang die Preise und die Einnahmen in die Knie. Ein neues Endprodukt oder ein erneuter Wirtschaftsaufschwung brachte den Zyklus abermals in Gang. Um dieser Zyklizität Rechnung zu tragen, lagen die Gewinnmultiplikatoren für Investoren in Halbleiteraktien traditionell auf niedrigem Niveau. In unseren Augen gehört diese steile Berg- und Talfahrt nun jedoch der Vergangenheit an. Halbleiter sind in jüngster Zeit nahezu allgegenwärtig geworden – eine Schlüsselkomponente für zahlreiche industrielle Anwendungen –, was die Branche deutlich weniger anfällig für einzelne Endmärkte im Einzelhandel macht. Viele der neuen Endmärkte – darunter Autos, industrielle Automatisierung, 5G-Infrastruktur, künstliche Intelligenz und Cloud Computing – setzten mehr Chips pro Endprodukt ein und durchlaufen längere Zyklen als die Unterhaltungselektronik, was die Abhängigkeit der Branche von den Konsumausgaben verringert und die Umsatzdaten potenziell glättet (siehe Abbildung 1). Einer der wachstumsstärksten Märkte ist wohl die Automobilindustrie: In Elektromotoren werden derzeit mehr als doppelt so viele Halbleiter eingebaut als in ihren Vorgängern, den Verbrennungsmotor. Nach Einschätzung von Branchenexperten dürfte sich dieser Unterschied noch vergrößern. Auch die Angebotsstruktur der Branche lässt aus unserer Sicht stabilere Gewinnzyklen für die Zukunft erwarten. Nach einer jahrzehntelangen Konsolidierungswelle weist die Halbleiterindustrie nun eine oligarchische Struktur mit hohen Eintrittsbarrieren und erheblicher Preismacht auf. Außerdem stellen die Lieferanten strengere Renditeanforderungen an ihre Investitionen, die in Asien, Europa und den USA zunehmend durch Vorauszahlungen und staatliche Subventionen finanziert werden. Solide Bilanzen Im Zuge der hohen Nachfrage und ihrer Preisgestaltungsmacht war es größeren Halbleiterunternehmen möglich, ihre Bilanzen solide aufzustellen, mit umfangreichen Barpositionen und geringer oder gar keiner Verschuldung, was sie im Fall einer Konjunkturabschwächung und höherer Kreditkosten widerstandsfähig macht. Während der letzten zehn Jahre setzten viele Unternehmen überschüssige Mittel ein, um ihre Dividenden zu erhöhen und Aktien zurückzukaufen. Dieser Trend wird sich in unseren Augen fortsetzen. Wachstum zu einem vernünftigen Preis Der Halbleitersektor wartet mit einer ansprechenden Kombination aus Qualität, attraktiven Bewertungen und aussichtsreichen Gewinnperspektiven auf. Wachstum: Wir rechnen damit, dass der Sektor seine Gewinne in den nächsten zwei Jahren um 15 bis 20 Prozent steigert – und damit deutlich stärker als der Markt –, was dem anhaltenden zweistelligen Umsatzwachstum und der Ausweitung der Margen zu verdanken ist (siehe Abbildung 2). Dabei sollten der langfristige Rückenwind und die mangelnden Produktionskapazitäten die Preissetzungsmacht weiter festigen und zugleich die Konjunktursensibilität des Sektors verringern. Darüber hinaus dürften weniger konjunkturanfällige Anwendungen das Branchenwachstum weiter vorantreiben, auch wenn sich die Wirtschaft abkühlt. Intelligente Energie-Infrastruktur, die Automatisierung der Arbeitskraft und die Umstellung auf Elektrofahrzeuge haben erst einen Teil einer mehrjährigen Wachstumsphase hinter sich. Die künftigen Umsätze sind besser vorhersagbar. Langfristige, nicht erstattungsfähige Verträge sind in der Branche inzwischen gang und gäbe, und die Produktionskapazitäten sind bis 2023 und in einigen Fällen sogar bis 2024 voll ausgebucht. Ferner sollten die begrenzten Produktionskapazitäten den Umsätzen der Gerätehersteller bis weit über 2022 hinaus eine Stütze bieten. Bewertungen: Per 6. Juni wurde der PHLX Semiconductor Sector Index (SOX) mit einem erwarteten KGV von 17 gehandelt – einem Abschlag gegenüber dem NASDAQ Index mit einem erwarteten KGV von 23. Unter der Oberfläche tauchen noch höhere Abschläge auf, da die Multiplikatoren einiger Unternehmen im einstelligen Bereich liegen. In unseren Augen haben die Multiplikatoren nach wie vor Luft nach oben, worin sie durch die stabileren langfristigen Gewinnperspektiven der Branche unterstützt werden. Anlagekonsequenzen Wir präferieren einen gut diversifizierten Korb aus Halbleiteraktien, der die gesamte Lieferkette einbezieht, von Chipherstellern über Gerätehersteller bis hin zu Materiallieferanten. Dieser Ansatz reduziert das Klumpenrisiko. Vor dem Hintergrund der sich verlangsamenden Weltwirtschaft erwarten wir, dass der Sektor beständig hohe Gewinne erzielt, was den Markt dazu veranlassen wird, seine Erwartungen im Einklang mit den Fundamentaldaten anzupassen – und dem Sektor in den kommenden Jahren höhere Multiplikatoren zu bescheren. Geraldine Sundstrom ist Portfoliomanagerin mit Fokus auf Strategien der Asset-Allokation, Tania Bachmann ist Research-Analystin für Aktien und John Mullins ist Produktstratege für die Region EMEA. Weitere Einschätzungen zur Asset-Allokation finden Sie in unserem Asset-Allokation-Ausblick
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