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Die Auswirkungen des Russland‑Ukraine‑Konflikts: Nicht alle Handelsbeziehungen sind gleich

Der Anteil der beiden Länder am Welthandel ist zwar relativ gering. Aber der sehr hohe Exportanteil von Rohmaterialien und Halbfabrikaten kann zu Preiserhöhungen in einer Vielzahl von Branchen führen.

Wenn Autofahrer in diesen Tagen tanken, werden sie schmerzlich an die Rolle Russlands auf den globalen Ölmärkten erinnert. Was weniger wahrgenommen wird, sind die vielen Rohprodukte, Vormaterialien und Halbfertigwaren, die Russland und die Ukraine exportieren. Von Palladium bis Weizen erzeugen Marktverwerfungen bereits jetzt Preisdruck bei einer Reihe von Alltagsprodukten. Das lässt die makroökonomischen Risiken und auch die Risiken für den Kapitalmarkt in den kommenden Quartalen steigen.

Auf den ersten Blick scheinen Russland und die Ukraine für die globale Wirtschaftstätigkeit keine große Rolle zu spielen. Der Anteil der Ukraine an den weltweiten Exporten beträgt nur 0,3 Prozent, bei Russland sind es 1,9 Prozent. Im Gegensatz dazu stehen China und die USA jeweils für rund zehn Prozent des Welthandels.

Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn es um wichtige Vorleistungen für viele Branchen geht. Wie die Grafik zeigt, sind die Ukraine und Russland wichtige Exporteure von Palladium, Nickel, Getreide und anderen Rohstoffen, die für eine Vielzahl von Waren und Industrien – von Autos über Halbleiter bis hin zu Lebensmitteln – von entscheidender Bedeutung sind.

Die enorme Bedeutung der russischen und ukrainischen Exporte

Palladium

Nehmen wir Palladium, ein chemisches Element und seltenes Edelmetall, das silberweiß glänzt. Russland produziert mehr als ein Drittel des Palladiums weltweit, das Gros davon für den Export. Es kommt bei Juwelieren und in der Zahnmedizin zum Einsatz. Palladium wird aber auch zur Herstellung von Katalysatoren verwendet, die die Schadstoffbelastung der Abgase von Verbrennungsmotoren reduzieren. In vielen Ländern sind diese Katalysatoren gesetzlich vorgeschrieben. Für die Automobilproduktion bedeutet das: Neben den von der Pandemie verursachten Problemen und den Engpässen bei der Lieferkette gibt es nun zusätzliches Störfeuer.

Palladium ist jedoch nur ein Beispiel von mehreren. Andere wichtige Produktionsfaktoren sind Düngemittel für die Landwirtschaft, Neongas für Halbleiter, Nickel für Stahl und Ammoniak für Kunststofferzeugnisse.

Auswirkungen auf den Markt

Die Rohstoffmärkte haben die Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage schnell eingepreist. Wir glauben jedoch, dass Ökonomen und Aktionäre bei der Bewertung der Auswirkungen auf Wachstum und Unternehmensgewinne die ganze Tragweite noch nicht ganz erfasst haben.

Engpässe bei den Grundstoffen werden sowohl auf der Nachfrageseite als auch auf der Angebotsseite zu spüren sein. Dies birgt das Risiko von Schneeballeffekten und nichtlinearen negativen Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum im Ganzen bei gleichzeitig steigender Inflation.

Es kommt bereits zu Nachfolgeeffekten, da höhere Faktorkosten die Preise in die Höhe treiben und in einigen Fällen die Nachfrage zum Erliegen bringen. In den vergangenen Wochen wurde Europa von der verringerten oder ganz ausgesetzten Produktion in ausgewählten Stahl-, Dünger- und Papierfabriken getroffen. Der Automobilsektor, dem es bereits seit 18 Monaten an Halbleitern fehlt, hat die Produktion zurückgefahren, sodass führende Branchenexperten für die kommenden Monate weitere Verzögerungen und Störungen vorhersagen.

Auch wenn die Verflechtungen und Durchlaufeffekte komplex und schwer zu quantifizieren sind: Höhere Preise und die Störung der Nachfrage werden das Wachstum abschwächen und die Preise weiter steigen lassen – was den Zentralbanken einen Anlass gibt, die Geldpolitik schneller zu straffen, als es sonst der Fall gewesen wäre.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Europa aufgrund seiner Nähe und seiner wirtschaftlichen Beziehungen mit den Kriegsparteien am stärksten betroffen sein wird. Und dennoch: Die Verflechtung der Weltwirtschaft bringt es mit sich, dass sich die Schockwellen ausbreiten werden, von den Lebensmittelpreisen in Ägypten bis zu den Preisen für Kinderspielzeug in den USA.

Wie in unserem „Cyclical Outlook“ mit dem Titel „Anti-Goldlöckchen“ ausgeführt, tauchen die beschriebenen Störfaktoren in einer Zeit auf, die ohnehin schon große wirtschaftliche Unsicherheit erwarten lässt. Konkret sind das hohe Inflation, verlangsamtes Wachstum und verschärfte Finanzierungsbedingungen. Für die kommenden Quartale bedeutet das ein fragiles und prekäres Marktumfeld.

Anlagekonsequenzen

Für Multi-Asset-Portfolios erfordert dies unseres Erachtens eine defensivere Haltung und eine Konzentration auf Qualität und Liquidität, da das Rezessionsrisiko in den nächsten sechs bis zwölf Monaten zunehmen dürfte. Anleger sollten bei Aktien stärker zyklische Sektoren meiden, insbesondere in Europa, wo der Konjunkturzyklus unseres Erachtens kurzfristig am anfälligsten ist.

Stattdessen bevorzugen wir qualitativ hochwertige Wertpapiere von Emittenten mit Preissetzungsmacht und stetigem Gewinnwachstum in Bereichen wie der Halbleiterproduktion und dem Gesundheitswesen. Uns gefallen auch Unternehmen, die in einer Welt mit schwächerem Wachstum ein nachhaltiges Aufwärtspotenzial bieten, zum Beispiel in den Bereichen erneuerbare Energien und Automatisierung.

Auf der Ebene der Portfolio-Strukturierung konzentrierte sich unsere Strategie darauf, die potenziellen Renditetreiber auf die Zins- und Währungsmärkte auszuweiten, in denen wir mehr Werthaltigkeit sehen, wie zum Beispiel die Devisenmärkte der Schwellenländer. Unser Ziel ist es, diese grundsätzliche Ausrichtung beizubehalten und gleichzeitig bei unserem Risikomanagement dynamisch zu agieren.

Wie immer stellt die Volatilität sowohl ein Risiko als auch eine Chance dar.

Autor

Tania Bachmann

Equity Research Analyst

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