Blog US‑Energiesektor in den USA steht bereit, seine ursprüngliche Dominanz zurückzugewinnen Da die westlichen Nationen versuchen, von russischer Energie unabhängiger zu werden, könnten US-Schieferöl- und Erdgashersteller die globale Dominanz zurückgewinnen.
Russlands Einmarsch in der Ukraine hat in vielen Erdöl und Erdgas importierenden Ländern zu Überlegungen geführt, die russischen Importe einzuschränken und auf vermeintlich zuverlässigere, weniger anstößige Versorgungsquellen umzusteigen. Gleichzeitig forcieren diese Staaten den Übergang zur einer nachhaltigen, „grünen“ Energiewirtschaft – was den USA die Chance eröffnet, wieder zum weltweit dominierenden Erdöl- und Erdgaslieferanten aufzusteigen. Die Abhängigkeit von russischer Energie zu reduzieren, dürfte beschwerlich werden – vor allem für Europa, das etwa 30 Prozent seines Erdgases und 25 Prozent seines Erdöls aus Russland importiert. Bislang haben die USA und einige EU-Länder ihre Importe von russischem Rohöl gedrosselt. Wenn weitere Länder diesem Beispiel folgen, wird das an den Weltmärkten zu Spannungen führen, denn es bedarf einer Neukonfiguration der fünf Millionen Fässer pro Tag, die bis dato auf dem Wasserweg aus Russland zu den Abnehmern gelangten. Tatsächlich werden Russlands Öltankerexporte mit einem erheblichen Abschlag von etwa 30 US-Dollar pro Fass (bei Brent) angeboten. Das deutet darauf hin, dass neue Käufer die durch den Boykott verloren gegangene Nachfrage nicht vollständig auffangen. Die jüngsten Freigaben aus der U.S. Strategic Petroleum Reserve (SPR; 30 Mio. Barrel) und von internationalen Partnern (30 Mio. Fass) sorgen nur für eine minimale Entlastung. Mögliche Abkommenmit dem Iran (eine bis 1,5 Mio. Barrel/Tag) und Venezuela (weniger als eine Mio. Barrel/Tag) – falls sie überhaupt zustande kämen – würden immer noch nicht ausreichen, um die Lücke zu schließen. Eher schon deutet die kürzlich angekündigte historische SPR-Freigabe (eine Mio. Barrel/Tag für sechs Monate) darauf hin, dass solche Deals wahrscheinlich nicht in naher Zukunft abgeschlossen werden, und Notfallpläne erforderlich sind, um die Nachfrage zu decken. Der Krieg in der Ukraine findet zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt statt, da die Lagerbestände niedrig sind. Zudem gibt es nur einen geringen Auftragsrückstand an den Ölbohrlöchern. Schnelle Anpassungen sind daher nicht möglich. Der U.S. Energy Information Agency zufolge lag die Überkapazität der OPEC+ (vor den Sanktionen gegen Russland) bei nur 3,0 bis 3,5 Prozent. Im Jahr 2002 waren es noch zwischen acht und neun Prozent. Aus jüngsten Gesprächen mit Vertretern der Energiebranche im Nahen Osten geht jedoch hervor, dass die tatsächlichen Kapazitätsreserven mit nur 2,5 Prozent sogar noch geringer sein könnten. Wir gehen davon aus, dass die OPEC+ trotz höherer Ölpreise an ihrem derzeitigen Plan festhalten und die Produktion nicht weiter hochfahren wird. Der Grund für diese Annahme: Würde das Kartell mehr Öl auf den Markt werfen, könnte die Investment-Community angesichts nicht vorhandener oder nur niedriger ReservekKapazitäten den Ölpreis noch weiter nach oben treiben. Darüber hinaus hat Russland den Vorsitz der OPEC+ inne, sodass unklar ist, ob es in der Lage sein wird, seinen Anteil an der Produktion des Kartells zu liefern. Die Schieferölproduktion in den USA könnte wieder eine führende Rolle übernehmen Die Schieferindustrie in den USA – die sowohl Erdöl als auch Erdgas fördert – ist gut aufgestellt, um die Produktion in den US-Bundesstaaten (ex Alaska) auszuweiten, jedoch wird das Zeit brauchen. In den vergangenen Jahren haben die Energieerzeuger ihre Ausgaben für neue Bohrungen nach zwei Mini-Schweinezyklen in der US-Schieferindustrie gedrosselt. Allein der letzte Zyklus führte zu Abschreibungen in Höhe von rund 55 Milliarden Dollar. Die Produzenten reagieren damit auch auf die Forderung der Aktionäre nach robusten Anlagerenditen: Die Maxime Produktionswachstum nach dem Motto „drill baby drill“ wurde abgelöst von einem Fokus auf Kapitaldisziplin. Konkret heißt das: Die Verschuldung soll moderat bleiben bei steten Kapitalrückflüssen und einem Volumenwachstum von lediglich null bis fünf Prozent. Infolgedessen kämpfen Unternehmen aus den Bereichen Exploration und Produktion (E&P) mit Lieferengpässen bei Bohrtürmen (die Auslastung nähert sich 90 Prozent), Fracking-Flotten (die komplett ausverkauft sind [Fußnote]) und Arbeitskräftemangel. Die Manager von E&P-Unternehmen haben angedeutet, dass sie dank Verbesserungen in der Bohr- und Ausführungstechnologie mehr Kapital einsetzen und eine hohe Rentabilität aufrechterhalten könnten. Sie schätzen aber, dass sie bis zu zwölf Monate brauchen werden, um die derzeitigen Fördermengen zu steigern. Unseres Erachtens könnte das US-Modell 3.0 (zum Beispiel mit Ausgaben, die durch den Cashflow gedeckt sind) die US-Energiebranche für andere Staaten mittel- bis langfristig durchaus attraktiv machen – mit zuverlässigen Produktionsvolumina und beständigen Kapitalrückflüssen. Steigende Ölpreise werden Investitionen in „grüne“ Energien forcieren Neben dem Produktionsanstieg bei Schiefergas und -öl in den USA erwarten wir, dass die jüngsten geopolitischen Ereignisse und der daraus resultierende Anstieg der Öl- und Gaspreise die Investitionen in „grüne“ Energien beschleunigen werden. „Grüne“ Energie wird einen größeren Teil zum globalen Energiemix beitragen. Herkömmliches Öl und Gas aus den USA wird aber sehr wahrscheinlich eine zuverlässige Basisversorgung für den Gesamtmarkt bereitstellen. Anlagekonsequenzen Die weltweite Energieverknappung und das daraus resultierende hohe Preisniveau dürften mittelfristig anhalten und zu einer Renaissance der Schieferöl- und Erdgasproduktion in den USA führen. Die Geschichte hat jedoch gezeigt, dass Investitionen im Energiesektor mit Risiken behaftet und stark schwankungsanfällig sind. Ein neuer Covid-19-bedingter globaler Lockdown oder ein Überschießen der Fed im aktuellen Zyklus von Zinserhöhungen könnte eine globale Rezession auslösen, die die Nachfrage und die Preise für Kohlenwasserstoffe zurückgehen ließe. Wir nähern uns diesem Sektor vorsichtig, indem wir auf unsere profunde Expertise und Kenntnis der gesamten Energiewertschöpfungskette vertrauen und keine unangemessenen Risiken eingehen. Die Überschusskapazität der OPEC-Rohölproduktion beträgt nur etwa drei Prozent der Gesamtnachfrage
Blog Die Auswirkungen des Russland‑Ukraine‑Konflikts: Nicht alle Handelsbeziehungen sind gleich Der Anteil der beiden Länder am Welthandel ist zwar relativ gering. Aber der sehr hohe Exportanteil von Rohmaterialien und Halbfabrikaten kann zu Preiserhöhungen in einer Vielzahl von Branchen führen.
Blog Rohstoffe glänzen wieder Rohstoffe erscheinen angesichts hoher Inflation, anhaltender Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage sowie hoher „Roll Yields“ attraktiv.
Blog Enttäuschende Details im VPI‑Bericht vom Januar könnten der Fed Spielraum geben Die US-Inflation dürfte wohl nicht so schnell nachlassen wie vielseits erwartet.