Was sind Anleihen?

Auf der grundlegendsten Ebene sind Anleihen ein Weg für einen Rechtsträger, Gelder aufzunehmen, indem er sie sich von einem anderen leiht. Beispielsweise emittieren Staaten und Unternehmen Anleihen, um Gelder von Anlegern aufzunehmen, wenn sie neue Kapitalquellen zur Finanzierung ihrer Aktivitäten benötigen.
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Die Beantwortung der Frage „Warum soll man in Aktien anlegen?“ ist den meisten von uns in Fleisch und Blut übergegangen. Für den Anleger von heute ist es aber genauso wichtig, sich beim Gespräch über Anleihen wohlzufühlen. Bevor wir uns mit der Vielschichtigkeit dieses großen und vielfältigen Marktes befassen, beginnt dieses Thema mit der Behandlung der Grundlagen.

Was ist eine Anleihe?

Auf der grundlegendsten Ebene sind Anleihen ein Weg für einen Rechtsträger, Gelder aufzunehmen, indem er sie sich von einem anderen leiht. Beispielsweise emittieren Staaten und Unternehmen Anleihen, um Gelder von Anlegern aufzunehmen, wenn sie neue Kapitalquellen zur Finanzierung ihrer Aktivitäten benötigen.

Wie ein Darlehen leistet eine Anleihe eine regelmäßige Zinszahlung, die als Kupon bekannt ist, an den Anleiheninhaber. Am Ende der Lebensdauer einer Anleihe – als Fälligkeit bezeichnet – wird das Kapital an den Anleger zurückgezahlt.

(Weitere Informationen dazu, wie Anleihen den Anlegern Renditen liefern, können Sie Modul 1: Thema 2 – Wie generieren Anleihen eine Rendite? entnehmen)

Betrachten wir ein Beispiel

Ein Unternehmen möchte ein neues Fertigungswerk bauen, das 1 Million EUR kosten wird. Um das benötigte Geld aufzubringen, beschließt die Unternehmensführung, eine Unternehmensanleihe zu emittieren. Jede Anleihe wird zu 1.000 EUR ausgegeben – dieser Betrag wird als Nennwert der Anleihe bezeichnet.

Das Unternehmen – bzw. der Anleihenemittent – bietet einen Kupon von 5% pro Jahr, der vierteljährlich zu zahlen ist. Die Anleihen werden nach fünf Jahren fällig und zu diesem Zeitpunkt zahlt das Unternehmen den Nennwert von 1.000 EUR an jeden Anleiheninhaber zurück.

Sehen Sie sich unsere Fallstudie an, die sich auf die Volatilität am Anleihemarkt und die Rolle von Anleihen in einem Wachstumsportfolio konzentriert. Fallstudie ansehen

Sind Anleihen und festverzinsliche Wertpapiere dasselbe?

Im Grunde ja. Der Begriff festverzinsliche Wertpapiere wird häufig gleichbedeutend mit dem Begriff Anleihen verwendet. Das liegt daran, dass Anleihen die allgemein bekannteste Art von festverzinslichen Wertpapieren sind.

Technisch gesehen umfasst der Begriff „festverzinsliche Wertpapiere“ jedes Wertpapier, bei dem der Emittent verpflichtet ist, dem Kreditgeber feste Zahlungen zu festgelegten Zeitpunkten zu leisten. Was für Anleger verwirrend sein kann, ist, dass der Begriff der festverzinslichen Wertpapiere nicht immer bedeutet, dass die Anleihe einen festgelegten Betrag zahlt, da Anleihen festverzinslich oder variabel verzinslich sein können. Der Begriff „fest-“ bezieht sich bei den festverzinslichen Wertpapieren auf die Verpflichtung, Zahlungen zu festgelegten Zeitpunkten zu leisten.

Eine kurze Geschichte der Anleihen

Vor den 1970er-Jahren war der Anleihemarkt hauptsächlich ein Ort, an dem sich Staaten und Großunternehmen Geld liehen. Die wichtigsten Anleger in diesen Anleihen waren Versicherungsgesellschaften, Pensionsfonds und Privatanleger.

Der moderne Anleihemarkt begann sich in den 1970er-Jahren zu entwickeln. Das Angebot nahm zu und die Anleger merkten, dass man Geld verdienen konnte, indem man Anleihen am Sekundärmarkt kaufte und verkaufte.

In dem Maße, wie das Interesse der Anleger stieg (und schnellere Computer die Anleihenmathematik vereinfachten), nahm auch das Verlangen zu, neue innovative Wege zu gehen – bei den Kreditnehmern um sich den Anleihemarkt zur Finanzierung zunutze zu machen und bei den Anleihenanlegern um ihr Risiko-Rendite-Potenzial individuell zu gestalten. Das Ergebnis: Der heutige Anleihemarkt besteht aus einem vielfältigen Spektrum von Emittenten und Anleihenarten.

Historisch betrachtet hatten die Vereinigten Staaten den größten Anleihemarkt, in den letzten Jahren haben sich jedoch auch andere Märkte entwickelt. Es gibt jetzt einen großen und gesunden globalen Markt, der mit rund 100 Billionen USD bewertet wird.

Die Verschiedenen Arten von Anleihen

Grob gesagt bilden die Staatsanleihen und die Unternehmensanleihen nach wie vor die größten Sektoren des Marktes. Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über die wichtigsten Anleihenkategorien aus dem Blickwinkel des Risikos und der Rendite.

In den Industrieländern werden Staatsanleihen allgemein als Anlagen mit einem geringen Risiko betrachtet. Dies trifft jedoch nicht auf alle Märkte zu, und Anleger müssen sich bewusst sein, dass manche Staatsanleihen, beispielsweise die von Schwellenländern ausgegebenen, ein höheres Risikoniveau mit sich bringen können. Andererseits können solche Anleihen Anlegern den Zugang zu Anlagen eröffnen, die andere Einkommens- und Wachstumsprofile bieten.

Unternehmensanleihen unterteilen sich in zwei große Kategorien – Investment-Grade-Anleihen und spekulative Anleihen (auch als High-Yield-Anleihen (hochrentierliche Anleihen) oder Junk Bonds (Schrottanleihen) bekannt). Spekulative Anleihen werden von Unternehmen emittiert, die eine geringer eingeschätzte Bonität und ein höheres Ausfallrisiko haben als die mit einem höheren Rating bewerteten Investment-Grade-Unternehmen. Ratings können herabgestuft werden, wenn sich die Kreditqualität des Emittenten verschlechtert. Umgekehrt können sie heraufgestuft werden, wenn sich die Fundamentaldaten verbessern.

Anleihenarten

In der nachfolgenden Tabelle sind einige der verschiedenen Arten von Anleihen genauer dargestellt.

Arten und Überblick

Staatsanleihen

Staatsanleihen werden von einer Zentralregierung emittiert und in der Regel von ihr garantiert. Beispiele hierfür sind:

  • Deutsche Bundesanleihen
  • US-Treasuries
  • Britische Gilts
  • BTPs (italienische Staatsanleihen)
  • OATs (französische Staatsanleihen)
  • JGBs (japanische Staatsanleihen)

Zahlreiche Regierungen geben auch Staatsanleihen aus, die an die Inflation gebunden sind und als inflationsindexierte Anleihen bezeichnet werden, wie etwa die indexgebundenen Gilts in Großbritannien und die TIPS (Treasury Inflation-Protected Securities) in den Vereinigten Staaten.

Quasi-Staatsanleihen

Staatliche und quasi-staatliche Behörden emittieren Anleihen, um ihre Projekte und Programme zu finanzieren. Einige Behördenanleihen werden von der Zentralregierung garantiert, andere hingegen nicht. Supranationale Organisationen wie die Weltbank und die Europäische Investitionsbank nehmen ebenfalls Gelder am Anleihemarkt auf, um öffentliche Projekte und sonstige Entwicklungen zu finanzieren.

Anleihen von Lokalregierungen

Lokale Regierungen – wie etwa die von Provinzen, Teilstaaten oder Städten – emittieren Anleihen zur Finanzierung neuer Entwicklungen wie auch ihres allgemeinen Betriebs. In den Vereinigten Staaten sind diese Anleihen als „Municipal Bonds“ (Kommunalanleihen) bekannt. Der Markt für Anleihen lokaler Regierungen ist in den Vereinigten Staaten gut etabliert und in Europa in den letzten Jahren beträchtlich gewachsen.

Schwellenländeranleihen

Staatsanleihen und Unternehmensanleihen, die in Entwicklungsländern emittiert werden, sind auch als Schwellenländeranleihen oder EM-Anleihen bekannt. Seit den 1990er-Jahren hat sich der Markt für Schwellenländeranleihen weiterentwickelt und umfasst nun eine große Vielfalt von Staats- und Unternehmensanleihen. Sie werden in den wichtigsten Fremdwährungen, wie dem US-Dollar und dem Euro, sowie in Lokalwährungen (häufig als Schwellenländeranleihen in Lokalwährung bezeichnet) emittiert.

Mortgage-Backed Securities

Mortgage-Backed Securities (hypothekenbesicherte Wertpapiere) sind Anleihen, die durch die Verbriefung der Hypothekenzahlungen von Wohnungs- und Wohnhauseigentümern geschaffen werden. Die Darlehensrückzahlungen aus diesen Hypotheken werden in einem Wertpapier gebündelt, das einen Zinssatz zahlt, der dem von den Eigenheimbesitzern gezahlten Hypothekenzinssatz ähnelt.

Asset-Backed Securities

Diese Anleihen basieren auf Autokreditzahlungen, Kreditkartenzahlungen und anderen Darlehen. Wie bei den Mortgage-Backed Securities werden ähnliche Darlehen miteinander gebündelt und zu einem Wertpapier verpackt, das den Anlegern Zinsen zahlt. Es werden Zweckgesellschaften zur Verwaltung von Asset-Backed Securities (forderungsbesicherte Wertpapiere) geschaffen, die es den Kreditkartengesellschaften und anderen Kreditgebern erlauben, Darlehen aus ihren Bilanzen zu nehmen. Asset-Backed Securities werden gewöhnlich in Tranchen angeboten, was bedeutet, dass die Darlehen in Wertpapierklassen höherer und niedrigerer Qualität gebündelt werden.

Pfandbriefe und Covered Bonds

Deutsche Wertpapiere, die durch Hypotheken besichert sind, werden als Pfandbriefe bezeichnet. Der wesentliche Unterschied zwischen Pfandbriefen und Mortgage-Backed Securities oder Asset-Backed Securities ist, dass die Banken die Darlehen in ihren Bilanzen behalten. Wegen dieses Merkmals werden Pfandbriefe manchmal als Unternehmensanleihen klassifiziert. Andere europäische Länder emittieren zunehmend den Pfandbriefen ähnliche Wertpapiere, die als Covered Bonds (gedeckte Anleihen) bezeichnet werden.

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