Anlagekonsequenzen: Positionierung für ein breites Spektrum von Anlagechancen
Über unseren konjunkturellen Horizont halten wir festverzinsliche Anlagen im Großen und Ganzen für aussichtsreich, da sie mit attraktiven Renditen und Bewertungen aufwarten und über das Potenzial verfügen, in verschiedenen Wirtschaftsszenarien mit Widerstandsfähigkeit zu punkten. Diese Resilienz ist angesichts der gestiegenen geopolitischen Risiken und der Marktvolatilität der vergangenen zwei Jahre von besonderer Bedeutung. Da sich mit hochwertigen Anleihen mitunter attraktive Renditen erzielen lassen, müssen Anleger keine Abstriche bei der Kreditqualität machen.
Die Anfangsrenditen, die historisch stark mit den Erträgen korrelieren, rangieren noch immer nahe den höchsten Ständen der vergangenen 15 Jahre, womit sie sowohl attraktive Zinserträge als auch potenziellen Schutz vor Verlusten bieten. Auch aus inflationsbereinigter Sicht sind die Renditen noch immer erhöht, da die Inflation weiter nachlässt (siehe Abbildung 4). Inflationsindexierte US-Staatsanleihen (TIPS) betrachten wir weiterhin als eine preisgünstige Quelle des Inflationsschutzes für den Fall, dass die Risiken bei der Inflation nach oben deuten.
Abbildung 3: Nominale und reale Zehn-Jahres-Zinsen in verschiedenen Industrieländern
Auch wenn Festgelder noch immer noch immer eine attraktive Verzinsung bieten, lassen sie sich nur über Nacht sichern und könnten schnell zurückgehen, insbesondere wenn die Zentralbanken mit der Senkung ihrer Leitzinsen beginnen. Entsprechend laufen Anleger Gefahr, etwas zu verpassen, wenn sie zu lange an liquiden Mitteln festhalten, während sie versuchen, ihren Wiedereinstieg in die Märkte zu planen.
Da die Renditekurven derzeit ungewöhnlich flach sind, müssen Anleger die Duration – ein Maß für die Sensibilität gegenüber Zinsänderungen, die bei lang laufenden Anleihen am stärksten ausgeprägt ist – nicht wesentlich verlängern, um potenziellen Wert zu erschließen. Schon Anleihen mittlerer Laufzeit können Anleger darin unterstützen, attraktive Renditen einzustreichen und von potenziellen Kursgewinnen zu profitieren, wenn sich Anleihen verteuern – was Ende 2023 der Fall war und oftmals mit einer konjunkturellen Abkühlung einhergeht.
Mehr Symmetrie bei den Risiken
In unserem Konjunkturausblick „Nach dem Zenit“ vom Oktober 2023 argumentierten wir, dass die Renditen globaler Anleihen – verglichen mit den Niveaus, die wir über den konjunkturellen Horizont und darüber hinaus erwarteten – sowohl attraktiv als auch hoch erschienen. Nachdem die US-Renditen den weltweiten Anstieg im dritten Quartal angeführt hatten, rechneten wir damit, in der Duration übergewichtet zu bleiben und jene Positionen aufzustocken, deren Renditen noch weiter zulegen würden.
Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir eine derartige Übergewichtung aus taktischer Sicht jedoch nicht mehr für günstig. Anstelle dessen dürften wir uns in der Duration weitgehend neutral positionieren, da die globalen Renditen durch die jüngste Rally am Anleihenmarkt wieder in die von uns erwarteten Bandbreiten befördert wurden und sich das Gleichgewicht zwischen Inflations- und Wachstumsrisiken verschiebt: Aktuell schätzen wir diese Risiken als symmetrischer ein.
Nach unserem Dafürhalten haben die Fed und andere Zentralbanken Spielraum für entschiedene Zinssenkungen, wenn sich das Wachstum verlangsamt. Daneben gibt es aber auch Szenarien, in denen die jüngste marktbasierte Lockerung der Finanzbedingungen den Zentralbanken einen Großteil der Arbeit abgenommen hat. Diese Lockerung könnte, gepaart mit der anhaltenden Stärke des Konsum- und Unternehmenssektors, sogar einen erneuten Anstieg der Inflation herbeiführen.
Dieser Zusammenhang zwischen der Kommunikation der Zentralbanken, den Finanzbedingungen und der tatsächlichen konjunkturellen Entwicklung wird vermutlich fortbestehen. Darum beziehen wir die unterschiedlichsten Szenarien in unseren Risikomanagement-Prozess mit ein, um für eine breite Palette makroökonomischer und marktspezifischer Entwicklungen aufgestellt zu sein.
Anlagemöglichkeiten in einer Reihe von Szenarien
Nach unserer Auffassung sollten die Haushaltsprobleme sowohl in den USA als auch weltweit bestehen bleiben. Daher halten wir weitere Schwächephasen am langen Ende der Kurve für möglich, verbunden mit der Sorge um ein erhöhtes Angebot – wie im vergangenen Spätsommer, als erhöhte Anleihenemissionen zur Finanzierung großer Haushaltsdefizite nötig waren. Entsprechend ist davon auszugehen, dass wir unsere Portfolios auf eine Versteilerung der Kurve ausrichten, und zwar mittels Übergewichtungen im Fünf- bis Zehn-Jahres-Abschnitt der globalen Kurven und Untergewichtungen bei 30-jährigen Titeln.
Zu den aktuellen Bewertungen scheinen festverzinsliche Wertpapiere noch immer attraktiv im Vergleich zu Aktien (mehr dazu in unserem neuesten Asset-Allokation-Ausblick „Beste Zeit für Anleihen“) und können den Portfolios darüber hinaus weiterhin Korrelations- und Diversifikationsvorteile bieten. Hinzu kommt, dass die Anleihenrenditen tendenziell weniger von einer positiven konjunkturellen Entwicklung abhängen.
So verfügen Anleihen für den Fall, dass die aktuelle Wirtschaftslage anhält, über das Potenzial, aktienähnliche Erträge abzuwerfen, was ihren heutigen Anfangsrenditen zu verdanken ist. Sollte die Wirtschaft in eine Rezession geraten, dürften Anleihen hingegen besser abschneiden als Aktien. Im Fall einer wiederkehrenden Inflation und erneuter Leitzinsanhebungen stünden Anleihen wie Aktien wohl gleichermaßen vor Herausforderungen, wobei die hohen Anfangsrenditen Anleihen einen potenziellen Puffer bieten können.
Ein unveränderter Fokus auf Liquidität und Flexibilität im Portfolio kann uns dazu befähigen, auf Entwicklungen zu reagieren, wenn sich das Gleichgewicht zwischen Wachstums- und Inflationsrisiken verschiebt. Dank aktivem Management sind wir in der Lage, sich bietende Relative-Value-Chancen flexibler zu ergreifen.
Mögliche Outperformance der globalen Märkte
Nachdem die globalen Zentralbanken ihre Zinsen relativ synchron angehoben haben, könnten sie in Zukunft unterschiedlichere Wege einschlagen. Aus unserer Sicht steht globalen Durationspositionen noch immer eine potenziell bessere Wertentwicklung bevor als US-Papieren. Diese Einschätzung beruht auf der verhältnismäßig höheren Wahrscheinlichkeit einer robusten US-Wirtschaft sowie auf den größeren Abwärtsrisiken in zinsempfindlicheren Volkswirtschaften wie Australien, Großbritannien und der Eurozone.
Unseres Erachtens bieten die globalen Anleihenmärkte so aussichtsreiche Chancen wie seit zehn Jahren nicht mehr. Anleger, die über breit aufgestellte, globale Plattformen agieren, können auf eine diversifizierte Palette von Anleihenengagements und eine Vielzahl potenzieller Renditequellen zugreifen.
Wegen der attraktiven Renditeniveaus ist davon auszugehen, dass wir uns grundsätzlich auf liquidere Industrieländer konzentrieren werden. Außerdem rechnen wir mit guten Chancen auf den Schwellenmärkten, sowohl bei Lokal- als auch bei Fremdwährungsanleihen. In den Währungen der Schwellenländer werden wir voraussichtlich übergewichtet sein und dazu auf diversifizierte Finanzierungswährungen zurückgreifen, um die Korrelation zwischen Schwellenländerwährungen mit höherem Carry und globalen Risikoanlagen zu verringern.
Fokus auf die Kreditqualität
An den Kreditmärkten präferieren wir nach wie vor hypothekenbesicherte Wertpapiere der US-Behörden als hochwertige und liquide Gattung von Spread-Papieren für die Portfolios. Darüber hinaus bevorzugen wir qualitativ hochwertige Hypothekenpapiere nicht öffentlicher Emittenten sowie mit gewerblichen Hypotheken und Forderungen besicherte Wertpapiere, was sowohl den aktuellen Bewertungen als auch den geringen Ausfallwahrscheinlichkeiten dieser mit Sicherheiten hinterlegten Titel zuzuschreiben ist.
Was Unternehmensanleihen betrifft, setzen wir auf liquide Indizes, vorrangige Papiere aus dem Finanzsektor und qualitativ hochwertige Investment-Grade- und Hochzinsanleihen. Bei Titeln geringerer Qualität sowie in konjunktursensibleren Sektoren, wie beispielsweise variabel verzinsliche Bankdarlehen, lassen wir dagegen mehr Vorsicht walten.
Die attraktiven Gelegenheiten, die wir derzeit auf den öffentlichen Märkten ausmachen, stehen im Gegensatz zu einem stärker differenzierten Ausblick für die privaten Märkte – an denen es gilt, Kredite in einem erschwerten Umfeld für die Kreditaufnahme zu refinanzieren. Wie in unserer kürzlichen Veröffentlichung „Opportunities in Private Credit: Stepping In as Banks Step Out“ dargelegt, ziehen sich Banken angesichts von Liquiditätsengpässen, aufsichtsrechtlichen Beschränkungen und Kostenstrukturproblemen aus diesem Bereich zurück.
In Segmenten wie Privatfinanzierungen, Gewerbeimmobilien und Bankdarlehen ist es unseres Erachtens wichtig, zwischen bereits bestehenden Vermögenswerten und dem Angebot an neuen Anlagemöglichkeiten zu differenzieren. So stehen Erstere angesichts der gestiegenen Zinssätze und des sich abkühlenden konjunkturellen Umfelds vor echten Herausforderungen, und es steht noch ein weiter Weg bevor, bis private Assets zu realistischeren, marktbasierten Preisen gehandelt werden – insbesondere in Bereichen, die eine fundamentale Schwäche aufweisen.
Zur gleichen Zeit tun sich attraktivere Gelegenheiten für flexibles Kapital auf, da Kreditnehmer angesichts der stärker eingeschränkten Kreditgeber kreative Lösungen benötigen. Das vielleicht beste Beispiel hierfür ist die forderungsbesicherte Kreditvergabe – ein Bereich, in dem der Rückzug der Banken bei vielfältigen Arten von Verbraucher- und gewerblichen Krediten umfangreiche Liquiditätslücken hinterlässt. Dies gilt vor allem für die USA, wo Banken besonders darauf bedacht sind, Vermögenswerte zu veräußern, künftige Kreditverpflichtungen abzustoßen oder bestimmten Geschäftsbereichen gänzlich den Rücken zu kehren.
Im Lauf der Zeit könnte diese schmerzhafte Anpassungsphase weitere Gelegenheiten für gut positionierte Kreditplattformen schaffen, ordentliche Prämien mit weniger liquiden Anlagen einzustreichen. Zugleich erwarten wir, dass sich hier einige der besten Chancen an den privaten Märkten seit der globalen Finanzkrise auftun könnten. Selbst angesichts der robusten Aktivität bei der Direktkreditvergabe an Unternehmen, die sich von der Ausweitung der Spreads seit Mitte 2022 weitgehend erholt haben, besteht noch immer erheblicher Bedarf an flexiblen Lösungen, um komplexe Probleme in der Kapitalstruktur anzugehen, von denen viele unserer Ansicht nach kurz- bis mittelfristig eigenkapitalähnliche Renditen bieten könnten.