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Steigende Renditen bei US‑Anleihen: Konsequenzen und Chancen für Anleger

Der Aufwind bei den US-Anleihenrenditen bietet Anleiheninvestoren die Möglichkeit, Kapitalgewinne zu erzielen und ihre Portfolios zu diversifizieren.

Die unglaubliche Resilienz der US-Konjunktur, die sich in den Beschäftigungszahlen vom September niederschlägt, lässt die Renditen von US-Staatsanleihen in die Höhe schnellen. Wir glauben, dass dieser Aufwind nicht vorrangig durch die Angst vor der Inflation oder möglichen Zinserhöhungen in den USA angetrieben wird. Er ist vielmehr den gesunkenen Rezessionserwartungen zuzuschreiben, was – entgegen der Intuition – das künftige Angebot an Staatsanleihen erhöhen könnte. Im Ergebnis verlangen Anleger eine höhere Prämie dafür, Papiere mit längerer Laufzeit zu halten.

Aus unserer Sicht schafft die Versteilerung der Zinsstrukturkurve eine attraktive Gelegenheit für Geldmarktanleger, Vermögenswerte mit längerer Duration in ihr Portfolio aufzunehmen. Denn die Anfangsrenditen sind hoch, wenn man sie mit jenen der Vergangenheit und jenen anderer Anlageklassen auf risikobereinigter Basis vergleicht. Dies kann einen „Renditepuffer“ in Zeiten mit noch immer sehr ungewissen Aussichten schaffen. Außerdem bieten Anleihen das Potenzial, Kapitalgewinne zu erzielen und Portfolios zu diversifizieren. In der Tat können Anleger nunmehr danach trachten, robuste Portfolios mit ordentlichen Renditen und vorhersehbaren Zahlungsströmen aufzubauen – und dabei nur ein moderates Risiko eingehen.  

Der Zinsanstieg trägt auch zu einer Verschärfung der Finanzlage bei, da er die Aufnahme neuer Schulden deutlich verteuert. Über kurz oder lang erhöht das auch die Kosten bestehender Schulden, wenn Unternehmens- und private Kredite mit fester Laufzeit fällig werden. In diesem Jahr haben die höheren Renditen bereits die Vergabe neuer Kredite ins Stocken gebracht. Unseres Erachtens könnte das die konjunkturelle Entwicklung schlussendlich bremsen und die Inflation so weit dämpfen, dass die Zentralbanken wieder einen expansiven Kurs einschlagen.

Anleger verlangen höhere Renditen beim Anleihenkauf

Paradoxerweise sind die Renditen sprunghaft gestiegen, obwohl sich die Zentralbanken der Industrieländer dem Ende ihrer jeweiligen Zinserhöhungszyklen nähern und die Gesamtinflation deutlich nachlässt. Dies hat die Frage aufgeworfen, welche Treiber für die jüngste Neubewertung am Markt verantwortlich sind.

Denn die Renditen von US-Staatsanleihen sind gestiegen und die Renditekurve folgt einem steileren Verlauf, wobei die Realzinsen – zu erkennen an den Renditen inflationsindexierter US-Staatsanleihen (TIPS) – die nominalen Anleihenrenditen in die Höhe treiben. Dagegen hat sich an der Differenz zwischen den Real- und den Nominalzinsen – der sogenannten Break-even-Inflationsrate – kaum etwas verändert. Das legt nahe, dass die Anleger zwar nicht um das Inflationsrisiko besorgt sind, aber dennoch höhere reale Laufzeitprämien verlangen, um Staatsanleihen mit längerer Laufzeit zu halten.

Doch warum sollten Anleger plötzlich höhere reale Laufzeitprämien verlangen? Wir glauben, dass hier im Kern eine Kombination von Faktoren zum Tragen kommt, aufgrund derer sich die Aussichten für das künftige Angebot an Staatsanleihen in den Augen privater Anleger unlängst verändert haben. Dass Kleinanleger nun eine höhere Rendite verlangen, liegt daran, dass sie mit einem höheren Angebot rechnen. Zu den hierfür verantwortlichen Faktoren zählen:

  1. Robustere Volkswirtschaften und geringere Rezessionsrisiken. Dies sollte die Zentralbanker in die Lage versetzen, ihre Bestände an Staatsanleihen noch über längere Zeit zurückzufahren. Dieser als Bilanzverkürzung oder „quantitative Straffung“ (QT) bezeichnete Prozess lässt das Angebot an Anleihen auf dem Markt tendenziell steigen, wodurch sich die Finanzbedingungen verschärfen. Anfang des Jahres rief die regionale Bankenkrise in den USA dagegen einen markanten Rückgang der Leitzinserwartungen und geringere Laufzeitprämien bei längerfristigen Anleihen hervor. Die Märkte preisten die Aussicht auf eine Rezession und eine expansive Geldpolitik, einschließlich einer Einstellung der quantitativen Straffung, ein.
  2. Resilienz entwickelter Volkswirtschaften außerhalb der USA. Vor allem in Japan hat sich der Inflationsdruck wieder derart verstärkt, dass die Notenbanker von ihrem Zinskurven-Management inzwischen Abstand nehmen. Im vergangenen Jahrzehnt war die Bank of Japan (BOJ) eine wichtige Nachfragequelle für japanische Staatsanleihen (JGBs). Damit verdrängte sie inländische Anleger vom lokalen Anleihenmarkt, was die Nachfrage nach internationalen Anleihen steigen ließ. Da die BOJ dieser Politik nun den Rücken kehrt, dürften wieder mehr japanische Staatsanleihen für den Privatsektor verfügbar sein, um die japanischen Staatsdefizite zu finanzieren – was wiederum die Nachfrage nach US-Staatsanleihen verringert.
  3. Der Ausblick für das US-Defizit wurde ebenfalls angehoben. Vor allem haben die Sorgen um den künftigen Preis staatlicher Steuergutschriften und Subventionen im Zusammenhang mit Investitionen in Ökostrom zugenommen. Im Mai hat das Congressional Budget Office (CBO) seine Zehn-Jahres-Prognose für die Kosten, die mit dem letztjährigen Inflation Reduction Act – der bislang größten Investition zur Bekämpfung des Klimawandels – einhergehen, nach oben korrigiert. Private Prognostiker behaupten indessen, dass selbst die neuesten Schätzungen des CBO die längerfristigen Kosten womöglich deutlich zu niedrig ansetzen, da die neuen staatlichen Anreize unbegrenzt sind. Entsprechend könnten uns zusätzliche Emissionen von US-Staatsanleihen bevorstehen.

Diese Faktoren werfen abermals Fragen zur Tragfähigkeit der US-Schuldenlast auf. Schließlich hat sich der Schuldendienst der öffentlichen Hand verteuert, da die Zinskosten im Zuge des sich abschwächenden Nominalwachstums steigen. Ferner wurde die Sorge um die Schuldentragfähigkeit dadurch verstärkt, dass die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit von US-Staatsanleihen im August von AAA auf AA+ herabgestuft hat. Auf der anderen Seite hat sich auch in Europa der Spread zwischen italienischen Staatsanleihen und Bundesanleihen gleicher Laufzeit ausgeweitet, da die Anleger hier ebenfalls mit dem Thema der Schuldentragfähigkeit konfrontiert sind. 

Anlagekonsequenzen

Die Normalisierung im Verlauf der Renditekurve und die Korrektur der Realrenditen spiegeln die Nachfrage der Anleger nach höheren Renditen wider, die durch das gestiegene Angebot bedingt ist. Was gut für die Anleger ist, muss mittelfristig aber nicht unbedingt tragfähig für die Wirtschaft sein. Wegen der höheren Zinsen hat sich die Finanzlage zusehends verschärft, was die Investitionen, das reale BIP-Wachstum und letztlich auch die Inflation beeinträchtigen sollte. Mit anderen Worten: Höhere Renditen und in deren Folge straffere Finanzbedingungen sind genau das, was die Wirtschaft braucht, damit es bei den Renditen wieder bergab geht.

Entsprechend können die hohen Anfangsrenditen, gepaart mit dem Potenzial für Kapitalzuwachs und Portfoliodiversifizierung, aus unserer Sicht attraktive Chancen auf den Anleihenmärkten schaffen. In der Tat können Anleger nunmehr danach trachten, robuste Portfolios mit ordentlichen Renditen und vorhersehbaren Zahlungsströmen aufzubauen – und dabei nur ein moderates Risiko eingehen.

Autor

Tiffany Wilding

Volkswirtin Nordamerika

Mike Cudzil

Portfoliomanager, Liability-Driven Investment

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