Strategie im Fokus Neues zur Income‑Strategie: Gleichgewicht zwischen Chancen und Resilienz In unseren Augen bieten festverzinsliche Märkte aktiven Managern derzeit so viel Wertpotenzial wie seit Jahren nicht mehr.
Nach Monaten der Marktturbulenzen – und trotz der Rezessionsrisiken – muten die Renditen, die Bewertungen und das Gesamtrendite-Potenzial für Festzinsanleger sehr attraktiv an. In diesem Beitrag spricht Dan Ivascyn, der die Income-Strategie von PIMCO gemeinsam mit Alfred Murata und Josh Anderson verwaltet, mit Anleihenstratege Esteban Burbano. Dabei geht er darauf ein, warum er mehr Wertpotenzial für aktive Anleihenmanager sieht als in den vergangenen Jahren, und wie das Portfolio derzeit positioniert ist. Frage: Im dritten Quartal musste der Bloomberg U.S. Aggregate Index wegen der steigenden Renditen fast fünf Prozent abgeben. Was war für den Kurseinbruch verantwortlich? Ivascyn: Die immense Unsicherheit in aller Welt – wirtschaftlich wie geopolitisch – zwang die Kurse sowohl in qualitativ hochwertigen als auch in konjunktursensiblen Bereichen des Markts in die Knie und ließ kaum Auswege offen. Dass die Zentralbanken eine immer restriktivere Politik verfolgen, in Europa Krieg herrscht und Spannungen zwischen dem Westen und China aufflammen, macht den Inflationsverlauf und den Zeitpunkt einer möglichen Rezession unberechenbar. Frage: Wie sieht unser aktueller Ausblick für Festzinsanlagen in Anbetracht der allgemeinen Verkaufswelle seit Jahresbeginn und des Rezessionspotenzials aus? Ivascyn: Trotz der weltweiten wirtschaftlichen Herausforderungen bieten die Märkte für festverzinsliche Anlagen unserer Einschätzung nach so viel Wertpotenzial wie schon lange nicht mehr. Die Rendite ist zurückgekehrt. Wir sind in der Lage, solide potenzielle Renditen anzuvisieren, ohne enorme Risiken einzugehen. Nichtsdestotrotz sind Zurückhaltung und Selektivität gefragt. Wir konzentrieren uns auf hochwertige Anlagewerte in Bereichen, die nicht zu stark von der konjunkturellen Entwicklung abhängen, bis wir an einen Punkt gelangen – möglicherweise im nächsten Jahr –, an dem wir auch bonitätsschwächere Titel einbeziehen werden. Frage: Wie stehen Sie zum Inflationsrisiko und seinen möglichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft? Ivascyn: Wir glauben, dass die Inflation in den USA vermutlich ihren Höhepunkt erreicht hat oder sich diesem nähert und im Verlauf von 2023 deutlich nachlassen wird. Gleichwohl dürfte sie sich auf einem Niveau einpendeln, das über der Zielmarke der Zentralbank liegt. In den vergangenen Monaten hat sich die Inflation auf Bereiche ausgedehnt, die über jene, die von den pandemiebedingten Produktionsstörungen betroffen sind, hinausgehen – auf zyklischere Bereiche wie Wohnen und Dienstleistungen, in denen sie sich als hartnäckiger erweisen könnte. In unserem Basisszenario stellt sich in den USA eine milde bis moderate Rezession ein, wenn die restriktive Politik der Notenbanker ihre Wirkung entfaltet. Zugleich halten wir nach wie vor eine sanfte Landung für möglich. In Europa scheint das Inflations- und Rezessionsrisiko noch höher zu sein. Der Krieg in der Ukraine birgt erhebliche Risiken, dass die Lebensmittel- und Energiekosten in den Wintermonaten weiter anziehen – und somit der Wirtschaft einen zusätzlichen Dämpfer verpassen. Und im Vereinigten Königreich hatten die hartnäckige Inflation und die politische Unsicherheit enorme Marktschwankungen zur Folge. In China sehen wir dagegen nicht den gleichen Inflationsdruck wie in den USA und Europa. Hier wird die Wirtschaft in erheblichem Maß von der Null-Covid-Politik der Regierung, der Rezession im Immobiliensektor und den rückläufigen Exporten in die Industrienationen geschwächt. Mit Blick auf die ungewisse Inflationsentwicklung halten wir es bei der Verwaltung der Income-Strategie für sinnvoll, uns gegen die Inflation abzusichern. Inflationsindexierte US-Staatsanleihen (TIPS) spielen schon seit vielen Jahren eine zentrale Rolle im Income-Portfolio und sollten einen zusätzlichen Puffer bieten, wenn die Inflation über längere Zeit erhöht bleibt oder noch weiter durch die Decke schießt. Frage: Wie positionieren Sie das Zinsrisiko im Portfolio mit Blick auf die äußerst restriktive US-Geldpolitik? Ivascyn: Für 2023 preisen die Märkte derzeit einen US-Leitzins von knapp fünf Prozent ein (verglichen mit aktuell 3,75 bis 4,00 Prozent). Nach unserer Einschätzung befinden sich die Renditen zurzeit auf einem angemessenen Niveau, um Anleger für diese Unsicherheit zu entschädigen. Nachdem wir im Vergleich zu den meisten passiven Alternativen mit einer sehr defensiven Positionierung in Zinsrisiken in das Jahr gestartet sind, haben wir uns den Ausverkauf zunutze gemacht, um unser Zinsengagement leicht aufzustocken. Es ist aber nach wie vor geringer als in den breiten Anleihen-Benchmarks, etwa im Bloomberg US Aggregate Index. Sollten die Renditen weiter anziehen, werden wir die Duration – also die Sensitivität gegenüber Zinsänderungen – vermutlich leicht erhöhen, um von einem potenziellen Wirtschaftsabschwung und Zinsrückgängen zu profitieren. Als Unternehmen geben wir der US-Duration weiterhin den Vorzug, wohingegen wir in Japan und Großbritannien untergewichtet sind. In der Tat konnten wir den jüngsten Abverkauf in Großbritannien zu unseren Gunsten nutzen. Frage: Wie sieht unser Ausblick für Wohnimmobilien aus, und wie ist das Income-Portfolio in Agency und Non-Agency Mortgage-Backed Securities (MBS) positioniert? Ivascyn: Da sich die Hypothekenzinsen in nur wenigen Monaten mehr als verdreifacht haben, dürften die US-Häuserpreise mit Verzögerung auf die Inflation reagieren und möglicherweise sogar zurückgehen. Zugleich sehen wir noch immer großes Wertpotenzial in erstklassigen hypothekenbesicherten Wertpapieren. So gehen etwa Agency MBS – sehr liquide Instrumente, die mit einer Garantie der US-Hypothekenbanken ausgestattet sind – mit robusten Spreads einher, die in dieser Form zuletzt während der Missstände der Corona-Krise im ersten Quartal 2020 auftraten. Wir konzentrieren uns auf Emissionen mit höherem Kupon, die aus unserer Sicht weniger von den Aktivitäten der Währungshüter betroffen sind, da die Federal Reserve überwiegend Emissionen mit niedrigerem Kupon hält. Im Segment der Non-Agency MBS, die nicht über eine staatliche Garantie verfügen, sind wir wesentlich vorsichtiger. Hier konzentriert sich unsere Allokation nach wie vor auf Altbestände: Diese profitieren von hohem Eigenkapital, das über viele Jahre hinweg durch steigende Immobilienpreise aufgebaut wurde, und gehen nunmehr mit niedrigen Beleihungsquoten einher, womit sie sich in unseren Augen sehr gut schlagen sollten, auch wenn die Preise auf dem Markt für Wohnimmobilien nachhaltig zurückgehen. Frage: Wie schätzt PIMCO den Markt für verbriefte Kreditprodukte ein? Ivascyn: Das ist ein aufregender Bereich für das Portfolio. In Zeiten der außerordentlichen wirtschaftlichen Unsicherheit geben wir erstklassigen verbrieften Werten den Vorzug vor alternativen Kreditprodukten, da sie mit umfangreichen Sicherheiten hinterlegt sind. Somit müssen wir kein hohes Risiko einer Herabstufung oder eines Kapitalverlusts eingehen, um attraktive Renditen für ertragsorientierte Anleger zu erzielen. Dank der Marktvolatilität in den vergangenen Wochen waren wir in der Lage, attraktive AAA-Engagements mit Spreads von zwei, zweieinhalb oder sogar knapp drei Prozent gegenüber Staatsanleihen einzugehen. Hierzu sei erwähnt, dass diese Wertpapiere nicht nur von den Ratingagenturen, sondern auch von unseren internen Research-Teams mit AAA bewertet werden. Wir sind bereit, bis zum Jahresende noch umfangreichere Engagements einzugehen, wenn Verkäufer mit akutem Liquiditätsbedarf auf den Plan treten. Frage: Kommen wir zu Unternehmensanleihen – wie wägen Sie die höheren Spreads gegen die steigenden Rezessionsrisiken ab? Ivascyn: Im Großen und Ganzen bleiben wir vorsichtig. Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt vorrangigen Finanzwerten, insbesondere Banktiteln. Diese Wertpapiere können zwar volatiler sein als andere Arten von Unternehmensanleihen. Zugleich befinden sich die Kapitalbestände vieler Banken auf historisch hohen Niveaus – gemäß den Vorschriften, die seit der globalen Finanzkrise erlassen wurden –, und die Spreads ihrer vorrangigen Titel haben sich stärker ausgeweitet, als es die Fundamentaldaten in unseren Augen rechtfertigen. Wir machen uns die Volatilität taktisch zunutze, um andere qualitativ hochwertige Arten von Investment-Grade-Positionen einzubeziehen. Außerdem nehmen wir ausgewählte hochverzinsliche Anleihen von Unternehmen ins Visier, die über solide Bilanzen verfügen, deren Spreads sich aber im Einklang mit Bereichen ausgeweitet haben, die stärker von der konjunkturellen Entwicklung abhängen. Ganz allgemein haben wir uns im Bereich der hochverzinslichen Unternehmensanleihen dazu entschieden, auf Liquidität zu setzen – mit Engagements in Indizes, die noch immer auf attraktiven Niveaus gehandelt werden und andere Bereiche des Markts für Unternehmenskredite in einem angespannteren Umfeld übertreffen sollten. In Bereichen, die anfälliger auf Zinsänderungen reagieren, bleiben wir äußerst zurückhaltend, da es hier in unseren Augen vermehrt zu Herabstufungen oder Ausfällen kommen könnte. Ein Beispiel hierfür sind vorrangige besicherte Bankdarlehen. Diese variabel verzinslichen Unternehmenspapiere bekommen jedweden Anstieg der Leitzinsen unmittelbar zu spüren. Frage: Wie positionieren Sie die Schwellenländer-Allokation des Portfolios mit Blick auf die erhöhten geopolitischen Risiken, die Dollar-Stärke und eine mögliche Rezession? Ivascyn: Wir haben unser Schwellenländer-Engagement im Lauf des vergangenen Jahres zurückgefahren, halten aber dennoch an geringen Engagements in hochwertigeren, liquideren Segmenten des Markts fest, darunter Staatsanleihen und quasistaatliche Anleihen. Ferner halten wir einen kleinen diversifizierten Korb aus Schwellenländerwährungen – überwiegend aus Rohstoffexportländern, die von den gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten profitierten und sich gut behaupten konnten, selbst im Vergleich zum US-Dollar. Frage: Welche Erwartungen sollten Anleger angesichts der erhöhten Rezessionsrisiken in den folgenden Monaten an die Income-Strategie und die festverzinslichen Märkte stellen? Ivascyn: Das laufende Jahr steckt voller Herausforderungen. Die Renditen und die Bewertungen festverzinslicher Anlagen sehen inzwischen aber sehr attraktiv aus. Aufgrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Unsicherheit und der Volatilität ist es nur schwer möglich, die Talsohle der Kurse oder den Höhepunkt der Renditen vorherzusagen. Dank der aktuellen Niveaus ist unseres Erachtens aber ein größerer Puffer vorhanden, um etwaige weitere Kursrückgänge auszugleichen. Zugleich lässt die Marktvolatilität Gelegenheiten entstehen, wenn die Bewertungen den in unseren Augen fairen Wert überschreiten. Außerdem müssen wir aus unserer Sicht kaum Zinsrisiken eingehen, um attraktive potenzielle Renditen ins Visier zu nehmen – was sich nicht nur auf die Renditen, sondern auch auf die Gesamtrendite bezieht. Wir glauben also, dass die Anleger künftig mit höheren Renditen rechnen sollten – ich weiß mit Sicherheit, dass das Income-Team so zuversichtlich ist wie schon lange nicht mehr.
Strategie im Fokus Update zur Income‑Strategie: Attraktive Renditen, resiliente Wertpapiererträge Wir sehen eine überzeugende Werthaltigkeit in qualitativ soliden, liquiden festverzinslichen Assets. Diese können ein hohes Maß an Resilienz bieten, sollte sich die Konjunktur abkühlen.
Strategie im Fokus Neues zur Income‑Strategie: Resilienz und Renditen aus Qualitätstiteln Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit sehen wir überzeugendes Wertpotenzial bei hochwertigen, liquiden Vermögenswerten, die wir im Fall einer möglichen Rezession für widerstandsfähiger halten.
Strategie im Fokus Neues zur Income‑Strategie: Für Anleihen bricht ein neuer Zyklus an In unseren Augen warten die Anleihenmärkte mit den höchsten Renditen und den besten Bewertungen seit Jahren auf. Wir haben das Income-Portfolio positioniert, um auch künftig von einem Umfeld der potenziellen Volatilität und der konjunkturellen Abkühlung zu profitieren.