Blickpunkt Staatsanleihen, Aktien und Erschütterungen an den Märkten Nach unserer Auffassung ist die Korrelation zwischen den Renditen von Anleihen und Aktien – unabhängig davon, ob diese positiv oder negativ ist – maßgeblich darauf zurückzuführen, ob eine Erschütterung vom Aktienmarkt oder vom Anleihenmarkt ausgeht.
Die jüngsten Marktereignisse haben bei den Anlegern erneut das Interesse an der Verbindung zwischen den Renditen von Aktien und von Staatsanleihen geweckt. Zwischen dem 26. Januar und dem 8. Februar brach der S&P 500 dramatisch ein, und die Rendite betrug in diesem kurzen Zeitraum -10%. Im selben Zeitraum stieg die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen von 2,6% auf 2,8%. Was ist mit dem Ruf von Anleihen als "sichere Häfen" in Krisenzeiten geschehen? Nach unserer Auffassung ist der Grund für den jüngsten Renditeanstieg bei Anleihen vor allem die positiven Überraschungen bei den Beschäftigungszahlen und den Stundenlöhnen im Januar, die zu einer Neubewertung der Inflationserwartungen der Anleger führten. Dies sorgte wiederum für steigende Anleihenrenditen. Mit anderen Worten: Die Erschütterung ging vor allem vom Anleihenmarkt aus, weniger vom Aktienmarkt. Und wie sich herausstellt, ist dies kritisch. Unsere Veröffentlichung zu quantitativem Research und Analysen "Treasuries, Stocks and Shocks" (Aktien, Anleihen und Kausalität)" zeigt, dass die Korrelation zwischen Aktien- und Anleihenrenditen – unabhängig davon, ob diese positiv oder negativ ist – überwiegend davon abhängt, ob eine Erschütterung ursprünglich den Aktienmarkt oder den Anleihenmarkt betrifft. Erschütterungen des Aktienmarkts gehen einher mit den Auswirkungen einer Flucht in Qualitätstitel und einer negativen Korrelation. Erschütterungen des Anleihenmarkts führen, wie bei den jüngsten Ereignissen, in der Regel zu einer positiven Korrelation zwischen Aktien und Anleihen. Unabhängig vom Kausalitätsbegriff erzielten Staatsanleihen jedoch in nahezu allen Rezessionen der vergangenen 60 Jahre eine gute Performance und boten eine Absicherung gegenüber dem prozyklischen Aktienengagement, wenn diese am dringendsten benötigt wurde. Historische Belege Als Beleg hierfür zeigt Abbildung 1 die gleitenden Zwölf-Monats-Renditen für Anleihen und Aktien. Aktien (in blau) zeigen sowohl vor als auch während einer Rezession ein eindeutiges Muster einer schlechten Performance. Bei den Anleihenrenditen (in grün) ist ein solches Muster hingegen nicht zu erkennen. Abbildung 2 zeigt detaillierte statistische Daten zu den Überschussrenditen von Aktien und Anleihen während einer Rezession. In der ersten Hälfte einer Rezession blieben Aktien mit durchschnittlich 232 Basispunkten (Bp.) pro Monat deutlich hinter Anleihen zurück. In der zweiten Hälfte einer Rezession übertrafen Aktien hingegen Anleihen um durchschnittlich 90 Bp. pro Monat. Dabei ist zu beachten, dass die Überschussrenditen von Anleihen sowohl in der ersten als auch in der zweiten Hälfte einer Rezession positiv waren und diese somit eine Sharpe Ratio von 0,34 beziehungsweise 1,03 aufwiesen. Selbst während der turbulenten und inflationsgetriebenen 1970er-Jahre verzeichneten Anleihen in sämtlichen Rezessionen positive nominale Renditen.1 Während die Aktienrenditen eng mit dem Wirtschaftszyklus korrelieren, verhielten sich US-Staatsanleihen in der Vergangenheit antizyklisch und erzielten in Rezessionen relativ stabile Renditen. Zwar sind die antizyklischen Eigenschaften von Staatsanleihen für Anleger zweifellos von großer Bedeutung. Es ist jedoch auch wichtig, die Dynamik zwischen diesen beiden Anlageklassen außerhalb von Rezessionsphasen zu verstehen. Im folgenden Absatz gehen wir auf die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen daher umfassender ein. Die Anziehungskraft der Bewertungen Ganz ähnlich wie bei der Poker-Variante "Texas Hold 'em" ohne Limit braucht es nur einen Augenblick, um das grundlegende Bewertungsmodell für Aktien zu verstehen, aber ein ganzes Leben, um es zu beherrschen. Auf den ersten Blick erscheint die Entschlüsselung der Korrelation zwischen Aktien- und Anleihenrenditen beinahe trivial. Mit dem grundlegenden Dividendendiskontierungsmodell von Gordon kann man (unter bestimmten Annahmen) leicht zeigen, dass sich die Gewinnrendite von Aktien darstellen lässt als: Hierbei steht G/K für die Gewinnrendite von Aktien (Gewinne geteilt durch den Kurs), r für den realen "risikofreien" Zinssatz und ARP für die Aktienrisikoprämie oder die Höhe der zusätzlichen Rendite, die Anleger gegenüber risikofreien Zinsen für die Übernahme des Aktienrisikos verlangen. Diese Gleichung zeigt jedoch nicht die kausalen Beziehungen sowie das komplexe Gebilde aus Rückkopplungsmechanismen zwischen den einzelnen Variablen, die alle miteinander in Verbindung stehen. Wie lässt sich dieses komplexe Gefüge nun sinnvoll interpretieren? In "Aktien, Anleihen und Kausalität" haben wir ein Modell entworfen, das einige dieser kausalen Beziehungen berücksichtigt. Darüber hinaus kann mit dem Modell der langfristige Einfluss der Bewertungen auf die künftige Korrelation zwischen Aktien und Anleihen simuliert werden. Dies ist von entscheidender Bedeutung. In dem Modell wird die Bewertung durch die ARP beziehungsweise die Differenz zwischen Aktien- und Anleihenrenditen definiert. Da sich die ARP im Laufe der Zeit ändert (und über lange Zeiträume zum Mittelwert zurückkehrt), fungiert die Bewertung effektiv als "Anziehungskraft", durch die sich die Renditen von Aktien und Anleihen annähern, wenn die Märkte "günstig" sind (ARP hoch), und voneinander entfernen, wenn die Märkte "teuer" sind (ARP niedrig). Dieses Konzept wird in Abbildung 3 veranschaulicht: Wenn sich die Renditen von Aktien und Anleihen voneinander entfernen, sorgen langfristige Kräfte (ARP) dafür, dass zwischen beiden Renditen letztendlich wieder ein Gleichgewicht herrscht. Kausalität und Bewertungen Lassen Sie uns das Kausalitätskonzept genauer untersuchen und uns anschließend dem Bewertungsproblem zuwenden. Die Aktienkurse repräsentieren natürlich den heutigen Wert einer Reihe von künftigen diskontierten Cashflows. Entsprechend der vorstehend genannten Gleichung zur Gewinnrendite hat eine Erschütterung am realen Anleihenmarkt einen direkten Einfluss auf die Diskontsätze. Höhere Realzinsen führen daher zu niedrigeren Aktienkursen beziehungsweise zu einer höheren Aktienrendite. Kommt es hingegen zu einer negativen Erschütterung an den Aktienmärkten (Phase mit einer Flucht in Qualitätstitel), drängen die Anleger tendenziell auf den Anleihenmarkt und sorgen somit für sinkende Renditen. Ein Anstieg der Gewinnrenditen und ein Rückgang der Realzinsen bedeuten natürlich, dass die ARP steigen muss (wie bereits angemerkt, korrelieren die einzelnen Variablen miteinander). Abbildung 4 zeigt die Auswirkungen einer Erschütterung bei den Gewinnrenditen und den realen Renditen auf die Aktienrenditen und die realen Renditen über Zeiträume von drei und zwölf Monaten. Während eine positive Erschütterung bei den Aktienrenditen (Rückgang der Aktienkurse) tendenziell zu sinkenden Anleihenrenditen führt, hat eine positive Erschütterung bei den realen Anleihenrenditen (Rückgang der Anleihenkurse) einen Anstieg der Gewinnrenditen zur Folge. Diese Erkenntnis betont die Bedeutung der Kausalität bei der Korrelation zwischen Aktien und Anleihen: Je nach Ursprung der Markterschütterung reagieren die Aktien- und Anleihenrenditen unterschiedlich. Die Analyse in Abbildung 4 erfolgte unter der Annahme, dass die Bewertungen "fair" waren, das heißt, die ARP entsprach zum Zeitpunkt der Erschütterung ihrem langfristigen Gleichgewichtsniveau. Doch was geschieht, wenn die Märkte bei einer Flucht in Qualitätstitel oder einer Störung der Anleihenmärkte von diesem Gleichgewicht weit entfernt sind? Abbildung 5 zeigt die erwartete Entwicklung der Renditen von Aktien und der realen Renditen von Anleihen zwölf Monate nach denselben Erschütterungen wie in Abbildung 4. Dabei ist der Aktienmarkt zu Beginn im Vergleich zum Anleihenmarkt jedoch entweder günstig oder teuer. Abbildung 5 zeigt, dass die negative Aktien-Anleihen-Korrelation nach einer positiven Erschütterung der Gewinnrendite bei teuren Märkten noch ausgeprägter ist. Tatsächlich können die Aktienkurse bei aufgeblähten Aktienmärkten stärker fallen (die Gewinnrendite steigt) und die Anleihenpreise weiter steigen (die realen Renditen fallen). Sind die Märkte demgegenüber günstig, fungieren die Bewertungen als Puffer, sodass die Korrelation zwischen den Aktien- und den Anleihenrenditen schwach ist. Zwölf Monate nach einer negativen Erschütterung am Aktienmarkt sind im Szenario mit günstigen Märkten die Gewinnrenditen sogar geringer und die realen Renditen höher – das genaue Gegenteil eines Ausgangsszenarios mit teuren Märkten. Während Erschütterungen bei den realen Renditen in fairen oder teuren Märkten zu einer positiven Korrelation führen, ist diese bei günstigen Märkten negativ. Dies spiegelt erneut die langfristige Kraft wider, die die Bewertungen auf die Renditen der beiden Anlageklassen ausüben. Wenn die Märkte also weit davon entfernt sind, in einem Gleichgewicht zu stehen, können die Bewertungskräfte vorübergehende Erschütterungen bei den Aktien- und Anleihenrenditen überlagern. Ausblick Angesichts des heutigen Niveaus der Aktienrisikoprämien, das im Vergleich zum langfristigen Durchschnitt von rund 3% leicht erhöht ist, gehen wir gemeinhin davon aus, dass sich das künftige Verhalten der Aktien- und Anleihenrenditen zwischen den in Abbildung 5 gezeigten Szenarien "fair" und "teuer" einreihen wird. Erschütterungen durch die Flucht in Qualitätstitel dürften zu einer leicht stärkeren negativen Korrelation zwischen Aktien und Anleihen führen, und Erschütterungen im Hinblick auf die Realrendite dürften eine positive Korrelation von Aktien und Anleihen zur Folge haben. Aktien reagieren jedoch empfindlicher auf Erschütterungen an den Anleihenmärkten (Anstieg der Anleihenrenditen), wenn die Märkte teuer sind. Ein schneller Anstieg der realen Anleihenrenditen stellt daher ein konkretes Risiko dar, das Anleger berücksichtigen sollten. Darüber hinaus könnten Überraschungen hinsichtlich der Inflation zu einer positiven Korrelation zwischen Aktien und Anleihen führen. Ursächlich hierfür wären zwei Mechanismen: zum einen im Hinblick auf die überraschende Inflation selbst, die tendenziell eine positive Korrelation bewirkt, und zum anderen die Wahrscheinlichkeit von Zinsanhebungen durch die US-Notenbank. Die historisch hohen Niveaus der Haushalts- und der Staatsverschuldung könnten zudem auf einen Anstieg der Anleihenrenditen und einen gleichzeitigen Rückgang der Unternehmensgewinne hindeuten, was zu einem parallelen Rückgang der Aktien- und Anleihenkurse führen würde.
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