Blickpunkt Rückkehr der Inflation Das Inflationsumfeld könnte sich künftig deutlich ändern, und Anleger sollten überlegen, ob sie darauf vorbereitet sind.
Erwacht die Inflation aus dem Winterschlaf? Ein deutlicher Anstieg der Inflation entspricht nicht unserem Basisszenario für den langfristigen Inflationsausblick (über drei bis fünf Jahre). Da sich die Lage auf den Arbeitsmärkten jedoch zunehmend anspannt und sich der wachsende Populismus in vielen Industrieländern allmählich auf die Weltwirtschaft auswirkt, scheint das Risiko einer höheren Inflation definitiv größer zu sein als im vergangenen Jahrzehnt. Der Gedanke hinter einem möglichen unsanften Erwachen, den wir in unserem aktuellen Secular Outlook herausgestellt haben, ist, dass Anleger von ihrem Blick auf die Vergangenheit in die Irre geführt werden könnten. Denn bei der Inflation handelt es sich um einen der makroökonomischen Faktoren, die sich in Zukunft deutlich verändern könnten. In den vergangenen zehn Jahren sorgten große Produktionslücken in allen Teilen der Welt für ein üppiges Arbeitskräfteangebot. Dies führte logischerweise zu einem schwachen Lohnwachstum und einem begrenzten Preisdruck. Ein Jahrzehnt nach Beginn der Erholung sind die Arbeitslosenquoten nun nicht nur wieder auf Niveaus von vor der Krise gesunken, in einigen Ländern erreichen sie sogar Rekordtiefs. In den USA wurde eine Arbeitslosenquote von unter 4% zuletzt vor fast 20 Jahren verzeichnet. Unser Basisszenario einer Quote von 3,5% am Ende dieses Jahres entspräche gar fast dem Rekordtief von 3,4% in den späten 1960er-Jahren, auf das eine der größten und längsten Inflationsphasen der Nachkriegszeit folgte. In Großbritannien befindet sich die Arbeitslosigkeit auf einem Niveau, das zuletzt in den frühen 1970en-Jahren erreicht wurde. Und während Südeuropa weiterhin hinterherhinkt und über große ungenutzte Kapazitäten verfügt, rangiert die Arbeitslosenquote in Deutschland auf dem tiefsten Stand seit mehreren Jahrzehnten. Was ist mit der Phillips-Kurve geschehen? Trotz der angespannten Arbeitsmärkte sind die Löhne jedoch stabil geblieben. Dies hat Fragen über die Verlässlichkeit der sogenannten Phillips-Kurve aufgeworfen. Die Kurve stellt einen Eckpfeiler der Rahmenannahmen der meisten Zentralbanken dar und besagt, dass die Löhne und die Inflation steigen, wenn sich eine Volkswirtschaft der Vollbeschäftigung nähert. Angesichts der langen Phase mit einer verhaltenen Inflation messen die Zentralbänker der Vorhersagekraft der Phillips-Kurve eine immer geringere Bedeutung bei, und gehen beim Abbau ihrer außergewöhnlich akkommodierenden Geldpolitik äußerst vorsichtig vor. Doch was, wenn die Phillips-Kurve nach wie vor aktuell und gültig ist und der Grund für das schwache Lohnwachstum in versteckten Überkapazitäten liegt? In diesem Fall könnten die Zentralbanker der Kurve bereits hinterherhinken und die Zinsen über einen zu langen Zeitraum zu niedrig halten. Selbst wenn dies nicht zutrifft, scheint eine steigende Zahl von Zentralbankern keine Bedenken zu haben, eine Inflation über der Zielvorgabe hinzunehmen, um die Inflationserwartungen auf einem höheren Niveau neu zu verankern. Die US-Notenbank rechnet für 2019 mit einer Inflation von über 2%, gemessen an den privaten Konsumausgaben (PCE), bestätigte jedoch erneut ihre Auffassung, dass die Normalisierung der Zinsen langsam und schrittweise erfolgen solle. Die moderate Haltung der Zentralbanken ist nach wie vor fest verankert. Expansive Fiskalpolitik und Populismus könnten die Inflation anheizen Neben den sich anspannenden Arbeitsmärkten sind zwei wesentliche Faktoren des wirtschaftlichen Wandels zu berücksichtigen, die wir während unseres Secular Forum ermittelt haben: ein verschwenderischer Umgang mit Steuergeldern und wachsender Populismus. In immer mehr Ländern wurden populistische Regierungen gewählt, die über Steuersenkungen und geplante Mehrausgaben erhebliche steuerpolitische Expansionsmaßnahmen umsetzen. Dies geschieht allerdings zu einem Zeitpunkt, an dem man rückläufige Defizite erwarten würde. In den USA steigt das Haushaltsdefizit beispielsweise trotz der sehr niedrigen Arbeitslosigkeit und der begrenzten Kapazitätsreserven in der Wirtschaft. Folgerichtig stellt sich die Frage, wie die reale Produktion die gestiegene Gesamtnachfrage befriedigen können soll (siehe Abbildung 1). Eine höhere Nachfrage in Verbindung mit einem begrenzten Angebot stellt ein lehrbuchmäßiges Umfeld für eine höhere Inflation dar. Die Folgen des Populismus beschränken sich nicht auf größere Haushaltsdefizite. Links- und Rechtspopulisten scheinen in ihrer Ablehnung der Globalisierung und des Handels auf dem gleichen Kurs zu sein. Der Umfang der bisher von den USA verhängten Zölle ist begrenzt, und wir denken, dass selbst die geplanten Zölle in Höhe von 10% auf weitere chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar nur einen geringen Einfluss auf die Inflation haben würden. Nach unseren Schätzungen würde dies in den kommenden zwölf Monaten lediglich zu einem Anstieg der Kerninflation um 0,1% bis 0,15% führen. Die beabsichtigten Zölle auf europäische und japanische Autos stellen hingegen unserer Ansicht nach eine größere Gefahr dar, da sie die Inflation um bis zu 0,5% in die Höhe treiben könnten. Welche längerfristigen Auswirkungen hätten die Zölle? Vieles würde davon abhängen, ob die USA Produktionskapazitäten aus Niedriglohnländern zurückführen können. Da nahezu Vollbeschäftigung herrscht und die Regierung Einwanderungsbeschränkungen einführt, handelt es sich hierbei in unseren Augen jedoch um eine fragwürdige Perspektive. Um die Auswirkungen über die nächsten fünf Jahre einschätzen zu können, haben wir Simulationen auf der Grundlage der makroökonomischen FRB/US-Modelle der Fed durchgeführt. Dabei haben wir verschiedene Handelselastizitäten im Hinblick auf die Fähigkeit der US-Wirtschaft, Importe durch einheimische Produkte zu ersetzen, verwendet. Das Ergebnis war in allen Szenarien eine höhere Inflation bei einem gewissen Persistenzeffekt. Zu guter Letzt steigen die Ölpreise weiter, da die OPEC angesichts von weltweiten Produktionsausfällen (von Libyen über Kanada bis Venezuela) und der Sanktionen gegen den Iran mit der Erhöhung der Fördermengen kämpft. Alte Muster könnten bei einer weniger freundlichen Entwicklung der Inflation ins Wanken geraten Während die meisten Märkte und Ökonomen die Entwicklung der Inflation nach wie vor als verhalten einstufen, sehen wir durchaus die Möglichkeit einer höheren Inflation, die erhebliche Auswirkungen sowohl auf die realen Renditen sämtlicher Vermögenswerte als auch auf die Marktvolatilität und den Portfolioaufbau haben könnte. Viele Anleger haben sich bei ihren Bestrebungen zur Diversifizierung und zur Begrenzung der Volatilität von Portfolios mit risikoreichen Vermögenswerten an die verlässlich negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen gewöhnt. Wie an anderer Stelle bereits angeführt, war diese Korrelation in der Regel jedoch nur dann verlässlich, wenn die Inflation gering war oder sank (siehe Abbildung 2). Nach unserer Auffassung dürften hochwertige Anleihen im Falle einer Rezession wahrscheinlich eine wirksame Portfolioabsicherung gegenüber dem Abwärtsrisiko von risikoreichen Anlagen bieten – und eine Rezession halten wir langfristig für wahrscheinlich. Wie die Korrektur an den Aktienmärkten zu Jahresbeginn gezeigt hat, könnte dieser Ansatz jedoch weniger gut funktionieren, wenn die Risikoaversion von Inflationssorgen angetrieben wird. Die Korrektur Anfang Februar begann mit einem deutlich über den Erwartungen liegenden Verbraucherpreisindex (VPI) im Januar, auf den in der ersten Februar-Woche die Konsensprognosen übertreffende Lohndaten folgten. Gleichzeitig stiegen die Renditen von US-Staatsanleihen rasant. Die Herangehensweise schien also darin zu bestehen, dass, wenn hochwertige Anleihen keine Portfolioabsicherung boten, die einzige Option im Verkauf von risikoreichen Vermögenswerten lag. Diese Schlussfolgerung führte jedoch zu erhöhter Marktvolatilität und Rückgängen bei Risikoanlagen. Der Markt schätzt eine dauerhaft hohe Inflation jedoch als wenig wahrscheinlich ein, wie die Laufzeitstruktur von marktbasierten Messgrößen des Inflationsausgleichs, wie die Break-even-Inflation (BEI), zeigt. Vergleicht man die Renditen von nominalen US-Staatsanleihen mit jenen von inflationsgeschützten US-Staatsanleihen (Treasury Inflation-Protected Securities, TIPS), liegt die fünfjährige BEI von 2,21% derzeit beispielsweise über der 30-jährigen BEI von 2,12%. Dies impliziert die Erwartung, dass der Inflationsdruck in nächster Zeit steigen wird. Grund hierfür könnten die Auswirkungen von höheren Rohstoffpreisen, nahezu ausgereizten wirtschaftlichen Kapazitäten oder Zöllen sein, wobei dieses Inflationsrisiko langfristig gesehen wesentlich niedriger sein wird. Schlussfolgerungen für Anleger: Vorbereitung auf eine Rückkehr der Inflation Obwohl unser Basisszenario im Hinblick auf die Entwicklung der Inflation langfristig keinen raschen Anstieg vorsieht, ist das Inflationsrisiko unserer Ansicht nach größer als in den vergangenen Jahren. Wir glauben, dass viele Anleger die Aussicht auf eine längerfristige Inflationsüberraschung möglicherweise unterschätzen. Dieses längerfristige Risiko könnte für erhebliche Störungen sorgen: Wie Abbildung 2 zeigt, würde es eine Veränderung der Korrelation zwischen wichtigen Vermögenswerten implizieren, die sich daraus ergibt, dass die Preise für Anleihen und Aktien gleichzeitig nach unten gedrückt werden. Für Anleger, die davon ausgingen, ihr Portfolio sei ausgeglichen, könnte dies ein weiteres unsanftes Erwachen bedeuten. Zwar dürften die Anlegerportfolios Wachstumsrisiken in der Regel angemessen berücksichtigen, jedoch sollten Anleger nach unserem Dafürhalten überlegen, ob sie ausreichend vor einer steigenden Inflation geschützt sind. Einzelanlagen oder eine kombinierte Allokation in Sachwerten, wie etwa inflationsindexierten Anleihen, Rohstoffen, Real Estate Investment Trusts (REITs) oder anderen Vermögenswerten zur Inflationsbekämpfung, sind eine Möglichkeit, mit der Anleger ihre Portfolios absichern und die Erträge potenziell steigern können, sollte ein inflationäres Umfeld entstehen. Abonnieren Sie PIMCOs Publikationen, um jeweils unsere neuesten Erkenntnisse direkt in Ihren Posteingang erhalten. Jetzt ABONNIEREN
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