Blickpunkt Vermögensallokation in Schwellenländern: Chancen in einer Zeit der Ungewissheit Obschon die Zukunft von beträchtlicher Unsicherheit geprägt ist, glauben wir, dass die Wachstumsbelebung und die günstigen Liquiditätsbedingungen Investitionen in Schwellenländer begünstigen.
An den Schwellenmärkten hat in den letzten Monaten ein Erholungsprozess eingesetzt, der durch die massiven gesundheits- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen in aller Welt angekurbelt wird. Wir gehen davon aus, dass die Erholung holprig verlaufen wird, da die von der Coronavirus-Pandemie ausgelösten Schocks lang anhaltende, wenn auch unterschiedliche Auswirkungen auf die Aussichten der einzelnen Märkte und Volkswirtschaften haben dürften. Zugleich bleiben wir zuversichtlich, dass die massiven geld- und fiskalpolitischen Hilfsprogramme die Marktvolatilität – die nahezu so gering ist wie seit 20 Jahren nicht mehr – weiterhin begrenzen und Investitionen in Schwellenländer begünstigen werden. Wende im Zyklus Bei PIMCO beurteilen wir mithilfe eines Top-down-Rahmens, wie sich die weltweiten Bedingungen auf Schwellenländerwerte auswirken. Dabei konzentrieren wir uns auf Veränderungen bei drei wesentlichen Triebkräften – dem Konjunktur-, dem Liquiditäts- und dem politischen Zyklus. Da die politischen Entscheidungsträger fest entschlossen sind, mehr zu tun, gehen wir davon aus, dass die großen Zentralbanken den Liquiditäts- und den Konjunkturzyklus noch lange Zeit unterstützen werden. Unserer Einschätzung nach dürfte der Effekt dieser Hilfsprogramme in einigen Ländern jedoch durch ein Aufflammen populistischer Trends abgeschwächt werden, sodass länderspezifische Risiken an Bedeutung gewinnen. Dabei werden die bevorstehenden US-Wahlen und ihre potenziellen Auswirkungen auf die Beziehungen zu China und anderen Ländern im Mittelpunkt stehen. Der anziehende Konjunkturzyklus ist vorteilhaft für die Schwellenmärkte. Denn sie bringen für gewöhnlich dann die höchsten Renditen, wenn der globale Einkaufsmanagerindex (PMI) für das verarbeitende Gewerbe – ein guter Näherungswert für die wirtschaftliche Aktivität – unter seinem langfristigen Durchschnitt von 51,4 Zählern liegt und – wie aktuell – nach oben tendiert (siehe Abbildung 2). Dank der umfassenden Liquiditätsspritzen sind ein beständiger Aufwärtstrend und eine sich ausbreitende Erholung ausschlaggebender als der genaue Verlauf der Erholung. Obschon mit kurzfristigen, pandemiebedingten Rückschlägen zu rechnen ist, erwarten wir, dass diese in Zukunft stärker lokal eingegrenzt sein werden. Da die globalen Geld- und Fiskalpolitiker noch lange Zeit Unterstützung bieten dürften, könnte der Produktionsindex unseres Erachtens auf seinen Mittelwert zurückkehren, was die Renditen der Schwellenmärkte in den kommenden Quartalen beflügeln dürfte. Von uns favorisierte Schwellenländerwerte Bei PIMCO ist die Antizipation potenzieller Veränderungen der makroökonomischen Faktoren von entscheidender Bedeutung für dem Anlageprozess. In Multi-Asset-Schwellenländerportfolios geht es bei unseren Entscheidungen der Asset-Allokation typischerweise um eine Gegenüberstellung von Vermögenswerten des „Bilanz“-Typs, die weitgehend von der Höhe der Staatsverschuldung angetrieben werden, und Vermögenswerten des Typs „Erfolgsrechnung“, die anfälliger auf das nominale Wachstum reagieren (siehe Abbildung 3). Wenn ein Land eine tiefe Rezession hinter sich gebracht hat, schichten wir in der Regel auf wachstumssensitivere Anlagen um. Allerdings glauben wir, dass dieser Zyklus wegen der Ungewissheit rund um die weiteren Entwicklungen der Coronavirus-Pandemie anders verlaufen wird. Die schrumpfenden Einnahmen im Zuge des pandemiebedingten Shutdowns und die antizyklischen fiskalpolitischen Maßnahmen ließen die Verschuldung der weltweiten Staatsbilanzen deutlich steigen. Nach unserer Erwartung wird die Erholung von Land zu Land unterschiedlich verlaufen, wodurch sich die bereits ausgeprägte Kluft zwischen Investment-Grade- (IG) und Non-IG-Anleihen noch vergrößern wird. Wegen dieser Qualitätskluft gewinnt die strikte Analyse der makroökonomischen Faktoren an Bedeutung, um Kreditmarktpapiere höherer Qualität zu identifizieren. Folglich setzen wir weiterhin auf defensivere Bilanzaktiva, insbesondere auf Hart- und Lokalwährungsanleihen, die stärker von der expansiven US-Geldpolitik und den Anleihenkaufprogrammen der entwickelten Volkswirtschaften profitieren. Obwohl die Staatsverschuldung gestiegen ist, bleibt ihre Tragfähigkeit aufgrund der niedrigeren inländischen Finanzierungskosten und der Möglichkeit von Währungsabwertungen erhalten. Dagegen bleiben wir vorsichtig gegenüber zyklischen Schwellenländerwerten, die stärker vom nominalen Wachstum abhängen. Die Währungen der Schwellenländer schätzen wir indes neutral ein. Obschon ihre Bewertungen gegenüber dem US-Dollar inzwischen attraktiver sind, ist unseres Erachtens eine breitere und tiefere globale Erholung vonnöten, damit Schwellenländerwährungen mit höherem Beta die aktuellen Herausforderungen von historisch niedrigem Carry und hoher Volatilität bewältigen. Aktien stufen wir nach wie vor weniger attraktiv ein – in der Überzeugung, dass die deutliche Gewinnerholung in den aktuellen Bewertungen bereits eingepreist ist, was das Aufwärtspotenzial, nicht aber die Volatilität der Anlageklasse begrenzt (siehe Abbildungen 3 und 4). Lokalwährungsanleihen Nach unserem Dafürhalten bieten lokale Durationspositionen (in Lokalwährung denominierte Staatsschuldverschreibungen) angesichts der Unsicherheit, mit der die Wirtschaftsaussichten behaftet sind, weiterhin die bestmöglichen risikobereinigten Renditen. Trotz der zuletzt expansiven Geldpolitik sind wir der Auffassung, dass die Wirtschaftsflaute die Inflation auf historisch niedrigen Niveaus verankern wird, sodass die Zentralbanken an ihrer äußerst entgegenkommenden Geldpolitik festhalten können. Angesichts ihrer verhältnismäßig hohen Realrenditen halten wir lokale Durationspositionen weiterhin als diversifizierende Elemente für Mandate geeignet, die in globale Zinspapiere investieren. Dabei liegt unser Fokus primär auf Ländern, deren Renditekurven einem steilen Verlauf folgen – was einen hohen Finanzierungsbedarf oder die Erwartung einer raschen Normalisierung der Politik oder beides widerspiegelt – und in denen sich hohe Realrenditen erzielen lassen, ohne ein Währungsrisiko einzugehen. Mexiko, Russland und China fallen in diese Kategorie. Fremdwährungsanleihen aus Schwellenländern Staatsanleihen: Angesichts der ultraniedrigen Zinsen und der hohen Bewertungen von Unternehmensanleihen aus Industrieländern bleiben Schwellenländer-Staatsanleihen ein natürliches Ziel von Crossover-Anlegern. Wir erwarten, dass etablierte Emittenten mit Investment Grade eine umsichtige Politik betreiben, sehen zugleich aber ein höheres Fehlerrisiko bei Titeln geringerer Qualität. Im Investment-Grade-Segment der Benchmark haben sich die Bewertungen zwar erholt, scheinen aber nach wie vor angemessen. Eine erfolgreiche Bewältigung spezifischer Faktoren, die die Wertentwicklung einiger hochrentierlicher Indexbestandteile antreiben, könnte zusätzliches Aufwärtspotenzial bergen. Wir konzentrieren uns nach wie vor auf die Titelauswahl sowie auf diversifizierte Portfolios mit Schwerpunkt auf: Eine Präferenz für qualitativ höherwertige und liquidere Emittenten Eine selektive Beteiligung an Neuemissionen von robusteren Wertpapieren Anleihen mit BB-Rating, die im Vorfeld der Covid-19-Krise solide Fundamentaldaten aufwiesen Länder mit starker multilateraler Unterstützung Ein begrenztes Engagement in ölabhängigen Volkswirtschaften Unternehmensanleihen: Schwellenländerunternehmen läuteten das Jahr 2020 mit einem geringeren Verschuldungsgrad und begrenztem Refinanzierungsrisiko ein. Folglich gehen wir davon aus, dass sie dank ihrer soliden Fundamentaldaten nach dem anfänglichen Schock wieder Fuß fassen werden, unterstützt durch geringere Investitionsausgaben und eine strenge Finanzdisziplin. Der Rückgang der lokalen Zinsen bietet Unternehmen in Schwellenländern zusätzlich die Möglichkeit, auf Hartwährung lautende Anleihen durch Lokalwährungsanleihen zu ersetzen, wodurch sich die technische Angebots-Nachfrage-Position einiger Emittenten im J.P. Morgan Corporate Emerging Markets Bond Index (CEMBI) weiter verbessert. Ihre Bewertungen bleiben attraktiv, obschon der CEMBI der Entwicklung von US-Unternehmensanleihen hinterherhinkt. Zugleich gehen wir davon aus, dass die Ausfallrate in den Schwellenländern gering bleiben wird. Zu den von uns bevorzugten Bereichen gehören Mittel- und Osteuropa sowie der Nahe Osten (CEEMA), asiatische Technologie-, Medien- und Telekommunikationswerte, lateinamerikanische Finanzwerte sowie REITS aus Schwellenländern. Unseres Erachtens ist Lateinamerika die anfälligste Region – mit geringeren Aussichten auf eine Erholung und einem Herabstufungsrisiko bei Staatsanleihen –, obwohl wir Wertpotenzial im Finanzsektor sehen. Schwellenländerwährungen Die verhaltenen und ungleichen Wachstumsaussichten für die Schwellenländer, gepaart mit einem niedrigeren Carry, bringen mehr Unsicherheit für Währungen mit sich. Ihre Bewertungen sind günstig und haben sich seit Beginn der Pandemie nur geringfügig verbessert, da die Schätzungen des fairen Werts im Einklang mit den nachteiligeren Handelsbedingungen und den höheren Spreads von Staatsanleihen geringer ausfallen. Außerdem sollte das Umfeld einer fortschreitenden globalen Erholung und umfangreicher Liquiditätsspritzen mehr Kapital in die Schwellenländer schwemmen. Nichtsdestotrotz legt die Wachstumsstörung infolge des Covid-Schocks nahe, dass in den Schwellenländern eine expansive Geldpolitik, eine dauerhafte monetäre Finanzierung der Haushaltsdefizite und relativ schwache Wechselkurse längerfristig vonnöten sein werden. Diese Gegenströmungen stimmen uns entsprechend neutral gegenüber Schwellenländerwährungen, ungeachtet unserer zunehmenden Erwartung, dass der US-Dollar in einen allgemeinen Abwertungszyklus eintreten wird. Faktoren, die für eine Übergewichtung sprächen, wären eine Ausweitung des globalen Erholungszyklus, an dem die USA zwar teilhaben, das Feld aber nicht anführen; oder ein viel stärkerer chinesischer Immobilienzyklus. Schwellenländer-Aktien Weltweit sind Aktien teuer bewertet, wobei die Schwellenländer keine Ausnahme bilden. Im Segment der Schwellenländer werden unsere Bedenken um ein schwaches nominales BIP-Wachstum durch die problematische Sektorzusammensetzung verstärkt, da fossile Brennstoffe und Banken ein höheres Gewicht im Index einnehmen. Mit einem erwarteten KGV von etwa 15 liegen die Gesamtbewertungen mehrere Standardabweichungen über dem bisherigen Durchschnitt, was das Aufwärtspotenzial begrenzt. Zu den aktuellen Kursen liegt der Gewinn je Aktie (EPS) im MSCI Emerging Markets Index, der erforderlich wäre, um das erwartete KGV auf seinen Fünf-Jahres-Durchschnitt von 11,9 zurückzubringen, bei rund 89 US-Dollar. Dieser Betrag liegt 25 Prozent über den 71 US-Dollar, die 2019 erreicht wurden. Dies scheint schwer realisierbar zu sein. Im Zeitraum 2013 bis 2019 blieb der durchschnittliche Gewinn je Aktie im MSCI EM Index nahezu unverändert. Außerdem dürfte die Eigenkapitalrendite von Schwellenländerwerten im Vergleich zu den Industrieländern unattraktiv bleiben, was ihrer verringerten operativen Leistungsfähigkeit in einem Umfeld mit geringem nominalem Wachstum zuzuschreiben ist. In diesem Zusammenhang stufen wir Asien als Anomalie ein: In Sachen positive Gewinnkorrekturen hat Asien die Nase vorn; außerdem ist der Anteil an New Economy-Sektoren in der Region höher. Abschließender Gedanke Während PIMCO mit einer holprigen Erholung rechnet, profitieren die Renditen der Schwellenländerwerte von Aufwärtsbewegungen im globalen Konjunkturzyklus – die auch dieses Mal den massiven Hilfsprogrammen zu verdanken sind. Wir gehen davon aus, dass Wachstum und Anlagenrendite von Land zu Land unterschiedlich ausfallen werden, was die Bedeutung unseres rigorosen Anlageprozesses unterstreicht. Angesichts der fortwährenden Unsicherheiten geben wir qualitativ höherwertigen Lokal- und Hartwährungsanleihen weiterhin den Vorzug. Bei wachstumssensitiveren Vermögenswerten, d. h. Währungen und Aktien, sind wir dagegen vorsichtig.
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