Blickpunkt Defensiv versus zyklisch: Verschwommene Trennlinien Anleihenanleger müssen aufgrund der jüngsten Veränderungen bei der Kreditqualität des Sektors sehr selektiv vorgehen.
Der Aktienmarkt kann für Anleihenanleger eine wichtige Informationsquelle über die Wachstumserwartungen sein und manchmal als Frühindikator dienen. Die jüngsten Entwicklungen in einigen defensiven Sektoren – die in Phasen rückläufigen Wachstums üblicherweise sowohl von Aktien- als auch von Anleihenanlegern bevorzugt werden – haben jedoch zu einer Verschlechterung der Kreditqualität geführt. Gleichzeitig hat sich in einigen zyklischen Sektoren, die normalerweise in wachstumsstärkeren Umgebungen bevorzugt werden, die Kreditqualität verbessert. Wir sind daher der Meinung, dass Anleihenanleger in dieser späten Phase des Konjunkturzyklus im Hinblick auf die Sektoren und einzelne Unternehmen sehr selektiv vorgehen müssen. Zunehmende Besorgnis über das Wirtschafts- und Gewinnwachstum Die Aktienmärkte wurden in den vergangenen beiden Jahren durch das steigende Gewinnwachstum unterstützt. Das Jahr 2019 wird jedoch ein langsameres Wachstum und mehr Herausforderungen mit sich bringen, wie die jüngsten globalen Umfragen zum verarbeitenden Gewerbe und die negativen Gewinnkorrekturen gezeigt haben (siehe Abbildung 1). PIMCO geht von einer Verlangsamung des globalen BIP-Wachstums bis ins Jahr 2020 aus. Zudem deuten unsere Modelle auf ein flaches Gewinnwachstum in diesem Jahr hin, wobei das Risiko einer leichten Abwärtstendenz besteht. Die zeitlich verzögerten Auswirkungen der restriktiveren Finanzbedingungen, schwierigere Vorjahresvergleiche angesichts eines auf fiskalische Impulse zurückzuführenden Anstiegs in den USA im vergangenen Jahr sowie der Handelsprotektionismus sorgen mit Blick auf 2019 allesamt für Bedenken. Dieses Umfeld mit geringerem Wachstum bedeutet nicht unbedingt negative Marktrenditen, aber es kann zu niedrigeren und volatileren Renditen führen, da die Anleger die Schwere und Dauer der Verlangsamung einschätzen, insbesondere wenn in regelmäßigen Abständen die Angst vor einer Rezession auftritt. Anleger sollten in einem Umfeld eines sich verlangsamenden Wachstums unter Umständen auf ein aktiveres Management und eine dynamische Positionierung setzen. Abbildung 2 zeigt die durchschnittlichen monatlichen Aktienrenditen nach Sektoren in den früheren Phasen mit steigendem und fallendem Gewinnwachstum des S&P 500. Der Zyklus des Gewinnwachstums hat seinen Höhepunkt erreicht und wird sich 2019 voraussichtlich verlangsamen. Die historischen Renditen deuten darauf hin, dass in diesem Fall die Ausrichtung eines Aktienportfolios auf weniger volatile, defensive Gruppen für Anleger potenziell von Vorteil sein könnte, und zyklische Gruppen möglicherweise nicht so gut abschneiden. Da die Volatilität 2019 voraussichtlich anhalten wird, würden bei einer defensiven Allokation normalerweise qualitativ hochwertige Large Caps gegenüber weniger liquiden und volatileren Small Caps bevorzugt werden. Die meisten Aktienanleger richten sich bei der Prognose des Erwartungswerts jedoch eher nach der Gewinnwachstumsrate, während sich Anleiheninhaber eher auf die aktuelle und zukünftige Qualität der Bilanz konzentrieren. Dies ist aktuell ein wichtiger Unterschied, denn in jüngster Zeit nutzen viele Unternehmen aus defensiven Branchen ihre Bilanzen aggressiver durch Fusionen und Übernahmen (M&A) und/oder fremdfinanzierte Aktienrückkäufe. Auswirkungen auf den Markt für Unternehmensanleihen Infolge dieser Veränderungen sind Anlagen, die aus herkömmlicher Aktienperspektive defensiv erscheinen mögen, aus Sicht eines Anleiheninhabers nicht mehr unbedingt defensiv. Tatsächlich verschwimmen für Anleiheninhaber zunehmend die Trennlinien zwischen defensiven und zyklischen Unternehmen. Ein interessantes Beispiel für einen traditionell defensiven Sektor, der aus Kreditperspektive einen raschen Wandel durchlaufen hat, ist der Sektor der nicht zyklischen Konsumgüter. Denn dieser Sektor wies 2018 laut einer Studie von Credit Suisse den höchsten Nominalwert bei Kreditrating-Herabstufungen von A- auf BBB aller Sektoren auf. Ein wichtiger Faktor war die erhöhte M&A-Aktivität: Der Anstieg M&A-getriebener Emissionen, die gleichzeitig attraktive potenzielle Renditen bieten, hatte auch eine Erhöhung der Fremdfinanzierungsquoten zur Folge und führte somit mehrere Unternehmen an den Rand einer Herabstufung. Andere defensive Branchen befinden sich ebenso in einem grundlegenden Wandel, wie z. B. der Basiskonsumgütersektor, wo sich die Kundenpräferenzen und Einkaufsgewohnheiten ändern. Das Ergebnis ist ebenfalls eine Verschlechterung der Kreditqualität, mit einem schlechten Verhältnis zwischen Herauf- und Herabstufungen von 8 zu 68. Dieser Wert ist fast so niedrig wie der schlechteste Wert der Sektoren außerhalb des Finanzbereichs, wie in Abbildung 3 dargestellt. Allerdings haben viele Unternehmen in defensiven Sektoren, wie nicht zyklische Konsumgüter, Gesundheitswesen und Telekommunikation, im Allgemeinen die Kapazität und die Fähigkeit, sich in Zeiten eines verlangsamten oder fehlenden Wirtschaftswachstums durch den Verkauf von Vermögenswerten zu relativ günstigen Kennzahlen zu entschulden. Im Gegensatz dazu können Emittenten in stärker zyklisch ausgerichteten Sektoren wie der Automobil- und Energiebranche in solchen Zeiten eingeschränkter sein. Defensive Unternehmen haben auch die Möglichkeit, ihren im Allgemeinen hohen Dividendenstrom zu reduzieren, indem sie ihren relativ konstanten freien Cashflow zur Schuldenreduzierung nutzen. Doch obwohl die Kreditqualität in einigen defensiven Sektoren zurückgegangen ist, können wir einige traditionelle zyklische Unternehmen mit verbesserten Fundamentaldaten ausmachen. Ein wichtiges Beispiel ist der Energiesektor, wo laut den Daten von J.P. Morgan die Nettoverschuldung von 3,07x auf 2,37x (3. Quartal 2017 gegenüber 3. Quartal 2018) gesunken ist. Insbesondere wurde der Großteil der Fusionen und Übernahmen im Energiebereich in den letzten zwölf Monaten eher mit Eigenkapital als mit Fremdkapital finanziert. Außerdem war die Anzahl von Fusionen und Übernahmen relativ gering, und einige der großen integrierten Ölkonzerne handelten konservativer, als viele erwartet hatten. Die Verbesserung der Kreditqualität im Energiesektor hat laut Daten von J.P. Morgan zu einem günstigeren Verhältnis zwischen Herauf- und Herabstufungen von 64 zu 4 geführt. Das ist der beste Wert unter den Sektoren jenseits des Finanzbereichs. Während zyklische Werte nicht zyklische auf dem Aktienmarkt in jüngster Zeit im Allgemeinen hinter sich gelassen haben, ist der Performance-Unterschied am Kreditmarkt deutlich geringer (s. Abbildung 4). Dies ist zum Teil auf die positiven Veränderungen bei der Kreditqualität zurückzuführen. Auch was die Renditen in der zweiten Hälfte des Vorjahres betrifft, waren die Anleihenrenditen für langlebige Konsumgüter und Bekleidung, ein zyklischer Sektor mit schlechten Aktienrenditen, nur leicht negativ. Unserer Ansicht nach werden diese Emittenten jedoch in Zukunft (aufgrund ihrer Aktienperformance) nicht unbedingt gläubigerfreundlich sein; die Schwäche der Aktienperformance spiegelt sich möglicherweise noch nicht am Markt für Unternehmensanleihen wider. Andererseits dürften sich einige Unternehmen, die in den vergangenen Jahren Schulden aufgenommen haben, wie beispielsweise im Getränke- und Telekommunikationssektor, in den kommenden Jahren auf den Schuldenabbau konzentrieren. Zudem dürften sie aufgrund ihrer geringeren Gewinnvariabilität und ihrer Fähigkeit, ihre Bilanzen proaktiv zu schützen, von wirtschaftlichen Erschütterungen nicht so stark betroffen sein. Was bedeutet das für Anleihenanleger? Aufgrund der jüngsten Veränderungen der Kreditqualität verschwimmen für Anleihenanleger zunehmend die Trennlinien zwischen defensiven und zyklischen Sektoren. Daher ist es für sie von größter Bedeutung, fundierte Recherchen durchzuführen und eine sorgfältige Anleihenauswahl zu treffen, die sich auf die Wettbewerbsposition der einzelnen Unternehmen und die Eintrittsbarrieren für die zugrunde liegenden Geschäftsfelder konzentriert. Angesichts des steigenden Rezessionsrisikos sind wir der Meinung, dass die traditionellen Klassifizierungen von Unternehmen als defensiv oder zyklisch im Anleihenbereich nicht mehr so gut funktionieren werden wie in der Vergangenheit, und man sich auf diese deshalb nicht mehr verlassen kann. Während ein breites Engagement in defensiven Sektoren für Aktienanleger auch im kommenden Jahr hilfreich sein kann, wird bei Anleihen eine sorgfältige Auswahl entscheidend sein.
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