Ausblick Europa Die neue Normalität im Asset‑Management europäischer Versicherungsunternehmen Risikomanagement, Asset-Allokation, Bilanzierung und Regulierung in der Versicherungsbranche befinden sich in tief greifendem Wandel.
Die wesentlichen Änderungen der vergangenen Jahre haben zu einer „Neuen Normalität“ in der Art und Weise geführt, wie europäische Versicherungsunternehmen ihre Anlageportfolios verwalten. Die Lektionen aus der Finanzkrise haben vor allem für die Neustrukturierung der Investmentmanagement-Funktionen in der Versicherungswelt erhebliche Folgen gehabt. Indes haben der Rückgang der Buchreserven (die Mittel, die zur Auszahlung bei Versicherungsansprüchen zur Verfügung stehen) und die Vorbereitungen auf die Anlageverordnung Solvency II den Trend zu transparenteren Prozessen in der Asset-Allokation, erhöhtem Asset-Liability-Management und Risikokontrollmechanismen sowie historisch niedrigen Aktienbeständen beschleunigt. Investoren im Versicherungssektor und Teilnehmer am breiteren Anleihemarkt sind dabei, die Auswirkungen dieser drastischen Verschiebungen auf Risikomanagement, Asset-Allokation, Bilanzierung und Regulierung in der Branche zu beurteilen. Verstärkte globale Anlagen, insbesondere in Schwellenländern Der verstärkte Trend zu globalen Engagements ist vor allem in der Versicherungsbranche stark spürbar. Im Verlauf der vergangenen 18 Monate hat das spezialisierte PIMCO-Insurance-Team beobachtet, dass die globalen Unternehmensanleihen- und Emerging-Markets-Anlagen (EM) den Großteil der Nettozuflüsse bei europäischen Versicherungskunden darstellen. Angesichts der generell niedrigen globalen Ausgangsengagements haben sie großes Potenzial. Und im derzeitigen Niedrigzinsklima für europäische Aktien eröffnen globale Engagements Möglichkeiten für langfristige Substanzwertanleger, die Diversifizierung und höheres Renditepotenzial anstreben. Die Bonitätsverbesserung und die Reifung der globalen Anleihemärkte in Ländern wie Brasilien bieten potenziell attraktive Möglichkeiten, vor allem im Vergleich zu einigen traditionelleren Märkten an der europäischen Peripherie, die unter Rating-Herabstufungen leiden. Events wie diese unterstützen den Trend zu zunehmend globaleren Engagements vor allem in Schwellenländern. Mehr Exposure in Zinsprämien, weniger Aktienexposure Das Solvency II-Regelwerk, das zum 1. Januar 2013 umgesetzt wird, fördert Anlagen in festverzinsliche Instrumente, wie Anleihen, im Gegensatz zu den volatileren Asset-Klassen, wie Aktien. Angesichts der steilen Kapitalanforderungskurve (je niedriger das Rating und je länger die Laufzeit, desto höher das Eigenmittelerfordernis) sind wir der Meinung, dass Versicherungsgesellschaften dazu tendieren werden, am vorderen Ende der Zinskurve den Schwerpunkt auf erhöhtes Exposure in Papiere mit Zinsprämien zu legen, während das Durations- und Konvexitätsmanagement im allgemeinen durch Anleihen höherer Anlagequalität (z.B. staatliche Anleihen, Agency- oder besicherte Anleihen) oder derivative Overlays (Swaps, Optionen) ausgedrückt wird. Auf jeden Fall werden die niedrigen Renditen auf Staatsanleihen in Europa in Kombination mit dem relativen Rückgang der Kreditqualität der Staatsanleihen im Vergleich zum Sektor der Unternehmensanleihen wahrscheinlich weiterhin ein erhöhtes Engagement in andere Papiere als Staatsanleihen der Industriestaaten auf globaler Ebene favorisieren. Mehr einkommensorientierte Anlagen Das Versicherungsteam von PIMCO hat in den vergangenen 18 Monaten einen signifikanten Anstieg von Anlagen in Immobilien und Infrastruktur seitens Versicherungsunternehmen beobachtet, und obwohl sie unter Solvency II nicht besonders gut behandelt werden, werden die ertrags- und geldwertsichernden Attribute von Immobilien und Infrastruktur wahrscheinlich weiterhin für Versicherer als Ersatz für Anleihen attraktiv erscheinen. Der makroökonomischen Analyse von PIMCO zufolge weist der langfristige Ausblick auf Inflation hin, und angesichts der aktuellen Höhe der theoretischen Anleiherenditen, sind Immobilien-, Infrastruktur- und Projektfinanzierungen mit eingebettetem Inflations-Hedging eventuell gerechtfertigt. Abnehmende Differenzierung zwischen Zins- und Kreditrisiko in Europa Zinsrisiko und Kreditrisiko waren in der Vergangenheit weitgehend unabhängig voneinander. Versicherungsunternehmen sahen ihre Staatsanleihen aus Industriestaaten und ihre besicherten Anleiheportfolios als kreditrisikofrei, während das Kreditrisiko in den Unternehmens- oder Emerging-Markets-Anleihenportfolios konzentriert war. Es muss nicht erwähnt werden, dass die Schuldenkrise in Euroland sowie die Sorgen über die Nachhaltigkeit der hohen Schuldenniveaus in der westlichen Welt, einschließlich der USA, veranschaulicht haben, dass Kreditrisiko überall zugegen ist, und dass Renditen auf Staatsanleihen eine Staatsschulden-Risikoprämie beinhalten, die im Laufe der Zeit stark variieren kann. Deshalb müssen wir heutzutage das Kreditrisiko in jedem Teil eines Anleiheportfolios genau analysieren. Es gibt kein Vermögen, das frei von Kreditrisiken ist, und robuste Kompetenzen im Bereich Kreditanalyse sind heutzutage unentbehrlich. Es scheint erstaunlich, dass die Solvency II-Richtlinie keine Eigenkapitalunterlegung für Bestände von Versicherungsunternehmen in europäischen Staatsschulden vorsieht. Derzeit besteht kein Unterschied zwischen der Qualität von griechischen und deutschen Schulden, noch wird die Bonität berücksichtigt, die trotzdem zur Berechnung sonstiger Eigenkapitalerfordernisse verwendet wird. Die durch das neue Regelwerk vorgeschriebene Nullkreditrisiko-Hypothese für europäische Staatsanleihen wird von den Märkten getestet, was zur Folge hat, dass die Bestimmungen, die einen zunehmend risikobasierten Ansatz fördern sollen, sich selbst entgegenstehen. Mehr sektorfokussierte Anlagemandate Das unerwartete Auftreten von Kreditrisiken in angeblich risikofreien Asset-Klassen veranschaulicht ein übergeordnetes Thema: das wachsende Bedürfnis danach, mögliche Überraschungen bei Portfolios im Vergleich zu den Erwartungen bei Auflage des Portfolios zu begrenzen. In den Jahren 2007 und 2008 waren viele Investoren von dem Effekt hoher Volatilität in Positionen überrascht, die außerhalb des Referenzindex lagen (so genannte Off-Benchmark-Positionen). So manche Geldmarktfonds verloren aufgrund ihres Engagements in Asset Backed Securities (ABS) an Wert, und manche Vehikel für gepoolte Anlagen in Staatsanleihen sowie Spezialfonds demonstrierten eine hohe Korrelation mit der Volatilität bei Zinsprämien. In weiterer Folge tendierten viele Chief-Investment-Officers (CIOs) von Versicherungsunternehmen zu verstärkter Risikokontrolle und mehr Transparenz und begannen striktere Richtlinien anzuwenden und das Ermessen der Anlagemanager beim Implementieren von Off-Benchmark-Strategien einzuschränken. Sie sind bestrebt, dass ihre Staatsanleiheportfolios wesentliche Kreditrisiken meiden und ihre Geldmarktportfolios ihr ABS-Engagement beschränken. Daher werden sie wahrscheinlich einen größeren Anteil ihrer Investments klar definierten und eventuell sektor-fokussierten Strategien zuteilen, und in geringerem Ausmaß aggregierten, diversifizierten und weniger transparenten Strategien. Wachsende Bedeutung der taktischen Asset-Allokation Nach der weltweiten Finanzkrise teilen nun viele Investoren einen geringeren Anteil ihres Risikobudgets Strategien innerhalb der Anlagekörbe zu, die außerhalb des Referenzindex anlegen (z.B. nur beschränkte Anlagen in ABS-Wertpapieren, in Staatsanleihe-Mandaten und umgekehrt), doch sie beteiligen sich aktiver am Management des taktischen Vermögensallokations-Prozesses zwischen den Körben in ihrem Gesamtportfolio. Ein taktischeres Verhalten ist im derzeitigen sekulären Klima ausschlaggebend, in dem unerwartete Ereignisse öfter eintreten und rasche Anpassungen der Asset-Allokation mit größerer Wahrscheinlichkeit gerechtfertigt sind. Viele große Versicherungsunternehmen lagern ihr Asset-Management aus und beauftragen die Manager sich auf Mandate in den einzelnen Sektoren zu konzentrieren. Die Sektorzuteilung selbst wird entweder intern gehandhabt oder als taktisches Asset-Allokations-Mandat ausgelagert. Die strategische Asset-Allokation bleibt üblicherweise eine hausinterne Aufgabe. Stärkere Integration des Risikomanagements Die systemischen Änderungen in der Konjunktur und im regulatorischen Umfeld haben Versicherungsunternehmen dazu bewogen ein strafferes Risikomanagement quer über ihre Anlageportfolios hinweg einzusetzen, mit größerer Transparenz und effizienterer Allokation zwischen hausinternen und ausgelagerten Anlageverwaltungsfunktionen. Um das Risikomanagement noch zu verschärfen, haben viele globale Versicherer die Integration ihrer grenzüberschreitenden Prozesse vorangetrieben; generell durch Zentralisierung, Koordination und Standardisierung vom Hauptsitz aus und begrenzter Entscheidungsfreiheit für die lokalen Betriebseinheiten. Um die Trends bei unseren Kunden besser wiederzuspiegeln, geht auch PIMCO mehr und mehr dazu über, die Betreuung von institutionellen Versicherungsunternehmen auf ganzheitlicher Ebene zu organisieren. Vorbereiten auf Solvency II Sich auf Solvency II vorzubereiten war und bleibt eine der größten Herausforderungen für Versicherungsunternehmen und deren Anlageverwalter. Während gemäß einem Bericht der European Insurance and Occupational Pensions Authority über 70 % der europäischen Versicherungsunternehmen (die 90 % der Versicherungsprämien ausmachen) an den jüngsten quantitativen Studien zu den Auswirkungen von Solvency II teilgenommen haben, würden wir erwarten, dass die Folgen für die Asset-Allokations-Strategien zunehmen werden, je näher das Datum der Einführung am 1. Januar 2013 rückt. Unserer Ansicht nach ist Solvency II keine Revolution, sondern wird bereits existierende Trends verstärken: Dazu zählen bessere Risikosteuerung, Herauskristallisierung erhöhter Anleihe-Engagements und niedrigerer Aktien-Allokationen für Lebensversicherer und das Potenzial für erhöhte Konsolidierung in der Versicherungsbranche. Asset-Manager werden sich an Solvency II gewöhnen müssen, vor allem in Bezug auf die Reporting- und Offenlegungs-Anforderungen. Eine bessere Koordination in der Asset-Management-Branche könnte Verfahrensstandards fördern, die den besten Service am Kunden garantieren und die Verfahren für die Manager und Prüfer vereinfachen. Bilanzierungstechnische Überlegungen Aufgrund der rückläufigen Buchreserven (Anlagen zu niedrigen Kuponzinsen aus dem vergangenen Jahr vis-à-vis garantierten Mindestsätzen auf Renten- und Lebensversicherungspolicen haben den Trend vorangetrieben) und da Solvency II Versicherungsgesellschaften dazu zwingt, die Risikokontrolle und Transparenz zu erhöhen, gewinnen bilanzierungstechnische Erwägungen in der Anlageverwaltung an Bedeutung. Dies trifft vor allem auf Lebensversicherer zu, deren Geschäfte von Natur aus eher haftungsbedingt und ertragsorientiert und nicht so sehr auf die Gesamtrendite fokussiert sind. Die eingeschränkte Flexibilität, die mit dem geringeren (oder manchmal nicht vorhandenen) Kapitalüberschuss einhergeht, veranlasst Versicherungsunternehmen dazu, Vermögensverwaltern restriktivere Einschränkungen aufzuerlegen, zumindest in ihren Kernportfolios. Bilanzierungstechnische Erwägungen sind für den Kernteil der Bilanzen von Versicherern wesentlich, und sobald diese einen größeren Anteil ihrer Kernportfolios auslagern, sollten die Vermögensverwalter damit rechnen, dass die nicht auf Alpha bezogenen Leitindikatoren für die Performance, wie die Realisierung von Gewinn-/Verlustzielen, eine wichtigere Rolle spielen werden. Alpha ist nicht das einzige Ziel im Management von Kernversicherungsvermögen. Verstärktes Auslagern der Verwaltung Der Trend zur verstärkten Auslagerung ist global, in der Versicherungsbranche weit verbreitet und hat sich in den jüngsten Jahren verstärkt. Versicherungsunternehmen neigen dazu, die Funktionen des Investment-Management (d.h. Aktiv-Passiv-Verwaltung, strategische Asset-Allokation, Risikokontrolle, Managerwahl) und des Asset-Management (d.h. die tatsächliche Verwaltung der Vermögenswerte) zu trennen. Während sie die Investment-Management-Funktion weiterhin hausintern erfüllen, lagern sie zunehmend einen größeren Anteil ihres Asset-Managements aus. Historisch gesehen lagerten Sach- und Unfallversicherer einen größeren Anteil ihrer Vermögenswerte aus als andere Branchenvertreter, doch seit 2010 haben Lebens- und Gesundheitsversicherer (bei denen generell größere Summen involviert sind) den größten Anteil an ausgelagertem verwalteten Vermögen (gemäß Insurance Outsourcing Exchange). Bis Ende der 1990er Jahre verwalteten die meisten Versicherungsunternehmen ihre Allgemeinportfolios ausschließlich hausintern mit spezialisierten Anlageteams und einem äußerst lokalen geografischen Fokus. Das war eine Zeit, als nicht realisierte Rücklagen allgemein hoch und Portfolios weniger komplex and eher lokaler Natur waren. Doch in der heutigen Welt niedrigerer Renditen, geringerer Rücklagen und komplexerer globaler Anlagestrategien sind Versicherer motiviert einen größeren Anteil ihrer Allgemeinportfolios auszulagern. Die jüngsten Krisen haben gezeigt, dass die Verwaltung zunehmend globaler und komplexer Portfolios Ressourcen und eine Größe erfordert, die kleine und sogar größere Versicherer zu kostspielig und komplex finden würden, um sie hausintern durchzuführen. Viele wenden sich an Asset-Manager als zuverlässige und entscheidende Ressource, und Anlageberater spielen eine wachsende Rolle im Auswahlprozess der Asset-Manager vieler Versicherer. Auswirkungen auf Kapitalanlagen von Versicherungen Die breiten Trends, die die Versicherungsbranche betreffen, werden wahrscheinlich zu besseren Risikokontrollen, zunehmend haftungsbedingten Investments, größeren globalen Engagements (vor allem in Hinblick auf Credit Spreads, Anleihen und Aktien von Schwellenmärkten), einer Tendenz ein höheres Risikobudget einer taktischen Asset-Allokation zuzuführen und weniger Ermessensfreiheit bei verwalteten Portfolios führen. Je mehr Versicherungsunternehmen einen größeren Anteil ihres Kernvermögens auslagern, desto eher sollten Asset-Manager die Leitindikatoren für die Performance berücksichtigen, die nicht auf Alpha bezogen sind, einschließlich bilanzierungstechnische Erwägungen. PIMCO ist als großer Verwalter von Versicherungsvermögen auf die Veränderungen und Trends in diesem neuen Umfeld vorbereitet und hat zukunftsorientierte Lösungen zur Unterstützung von Versicherungskunden und deren speziellen Zielsetzungen konzipiert.