In allen Industrieländern gibt der langfristige Haushaltsausblick angesichts der hohen und weiter steigenden Verschuldung verständlicherweise Anlass zur Sorge – unserer Ansicht nach besteht jedoch kein Grund zur Beunruhigung. Zwar hat sich die Tragfähigkeit der Schulden angesichts hoher Zinsen und der Nachwirkungen der Pandemie-Konjunkturprogramme verschlechtert. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Schulden weiterhin großenteils tragfähig sind. Die Gründe hierfür sind in den Industrieländern unterschiedlich: In einigen gibt es regulatorische Beschränkungen (z. B. in der Europäischen Union), in anderen herrscht ein Niedrigzinsumfeld (Japan), und eine Volkswirtschaft – die USA – stellt die globale Reservewährung und verlässt sich insgesamt auf eine robuste Konjunktur. Zwar sind die USA weniger bindenden Haushaltszwängen unterworfen. Langfristig muss sich das Land jedoch mit seiner Schuldenentwicklung auseinandersetzen. Und wir sind davon überzeugt, dass der Impuls für einen Wandel letztlich zu einigen Anpassungen in der Steuer- und Sozialpolitik führen dürfte.

Es ist zwar möglich, dass sich die makroökonomische Volatilität weiter erhöht, doch sind die entwickelten Märkte in der Lage, den meisten fiskalischen Schocks standzuhalten. Anleger können von einer Diversifizierung ihres Anleihen-Portfolios über die US-Duration hinaus profitieren.

Fiskalische Belastungen aufgedeckt

Als die Welt die Pandemie hinter sich ließ, befürchteten viele, dass höhere Zinssätze den privaten Sektor lähmen würden. Wie sich herausgestellt hat, waren diese Bedenken größtenteils unbegründet. Die restriktive Geldpolitik hat nicht zu einer größeren finanziellen Instabilität geführt. Die systemischen Risiken für die globalen Banken- und Nichtbanken-Finanzmärkte scheinen eingedämmt. Die privaten Haushalte leihen sich weniger Geld. Und obwohl es im Unternehmenssektor Schwachstellen gibt, ist die Gesamtverschuldung der Unternehmen in den vergangenen Jahren gesunken.

Stattdessen trug der öffentliche Sektor die Hauptlast der finanziellen Belastung nach der Pandemie. In den Industrieländern hat sich die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung in drei Schlüsselbereichen verschlechtert.

Erstens haben umfangreiche Konjunkturpakete seit 2020 – etwa Konjunkturschecks, Kurzarbeitsprogramme und Energiesubventionen – die Staatsverschuldung deutlich erhöht. Zwar hat die Inflation einen Teil dieses Anstiegs „aufgefressen“. Dennoch bewegt sich die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP in den Industriestaaten nahe an den Rekordhochs auf einem Niveau, wie wir es nur kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gesehen hatten.

Abbildung 1 ist ein Liniendiagramm, das die öffentliche Verschuldung als Prozentsatz des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als gewichteter Durchschnitt für sieben Länder (Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Großbritannien und die USA) von 1900 bis 2023 zeigt. In diesem Zeitraum lag der Prozentsatz zunächst bei 34 Prozent, stieg während des Ersten Weltkriegs an, fiel dann während der Großen Depression und stieg während des Zweiten Weltkriegs wieder rapide an, bis er im Jahr 1946 133 Prozent erreichte, bevor er nach dem Bretton-Woods-Abkommen im Jahr 1974 wieder auf 34 Prozent fiel. In den 1980er- und 1990er-Jahren stieg diese Zahl erneut allmählich an, stärker nach der globalen Finanzkrise und erneut während der Covid-19-Pandemie. Sie erreichte im Jahr 2020 einen Höchststand von 140 Prozent, bevor sie 2023 leicht auf 130 Prozent zurückging. Datenquelle und andere Details werden in den Anmerkungen unter dem Diagramm aufgeführt.

Zweitens ist die öffentliche Kreditaufnahme nach wie vor hoch. Zwar sind die Defizite seit dem Höhepunkt der Pandemie gesunken – was nicht überraschend ist, da die pandemiebedingten Maßnahmen nicht wiederholt wurden –, doch liegen die (um die Zinskosten bereinigten) Primärdefizite in den Industrieländern nach wie vor über dem Niveau vor der Pandemie.

Und drittens sind die Zinssätze rasant gestiegen, was die Kosten für die Bedienung der Defizite weiter in die Höhe treibt. Anders als in den meisten Fällen in der Vergangenheit könnten die Zinssätze in vielen Ländern schon bald das BIP-Wachstum übersteigen – eine Schwelle, oberhalb der die Schuldendynamik tendenziell instabiler wird. Die quantitative Lockerung (QE) der Zentralbanken – ein Ankaufprogramm zum Tausch von Staatsanleihen mit festem Zinssatz gegen variabel verzinsliche Reserven – hat diesen Prozess beschleunigt, da höhere Zinssätze rasch zu höheren Kreditkosten geführt haben. Viele Zentralbanken der Industrieländer erleiden deshalb inzwischen Verluste.

Schuldendynamik der Industriestaaten nach Ländern

In vielen Industriestaaten wird die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung nicht als Problem wahrgenommen. Der Verschuldungsgrad in vielen Ländern der Eurozone, in Skandinavien, Australien, Neuseeland und der Schweiz ist zu niedrig, um eine akute Bedrohung für ihre fiskalische Glaubwürdigkeit und Seriosität darzustellen.

Der Ausblick fällt negativer aus in Staaten mit höherer Verschuldung wie etwa Frankreich, Spanien, Italien, Großbritannien und Japan. Die fiskalpolitische Kapazität dieser Länder zur Bewältigung künftiger Konjunkturabschwünge dürfte begrenzt sein. Zudem vergrößert eine hohe Ausgangsverschuldung ihre Anfälligkeit für neue Schocks (wie die jüngste Volatilität der französischen Kreditkosten angesichts der Unsicherheit vor den Wahlen gezeigt hat). Wenn sich das niedrige Wirtschaftswachstum dieser Länder auch längerfristig fortsetzt, könnte sich ihr fiskalpolitischer Ausblick verschlechtern.

Allerdings erscheint die Haushaltsdynamik dieser Länder noch immer weitgehend tragfähig. Zwar wird die Verschuldung in den kommenden Jahren wahrscheinlich nicht sinken, es ist jedoch auch nicht damit zu rechnen, dass sie dramatisch ansteigt. Die Details variieren je nach Land. Italien etwa nimmt im Verhältnis zu seinem Wachstum Kredite zu hohen Zinsen auf und ist erheblich verschuldet, es hat aber auch eine lange Geschichte von Primärüberschüssen. Japan hingegen weist tendenziell höhere Defizite auf und hat eine viel höhere Schuldenlast, leiht sich jedoch Geld zu niedrigen Zinsen, was die Schuldendynamik leichter beherrschbar macht.

Wichtig ist, dass diese Länder im Allgemeinen beabsichtigen, den fiskalpolitischen Gürtel enger zu schnallen. Für die einen ist dies Ausdruck politischer Bereitschaft, für andere ist es Ausdruck verbindlicher Haushaltszwänge. Gegen viele Länder der Eurozone wurde vor Kurzem ein Defizitverfahren eingeleitet. Dabei handelt es sich um eine korrektive fiskalpolitische Maßnahme der Europäischen Union, die die betreffenden Länder zu einer strengeren Geldpolitik zwingt. In Großbritannien hingegen wird die Haushaltspolitik wohl weiterhin restriktiv bleiben, was vermutlich auf die negative Reaktion der Märkte auf den Haushalt 2022 von Liz Truss zurückzuführen ist (der zwar erhebliche Steuersenkungen und Ausgabensteigerungen vorsah, aber keinen klaren Finanzierungsplan enthielt).

Die Märkte werden diese Regierungen voraussichtlich auch künftig disziplinieren und so dazu beitragen, den hohen haushaltspolitischen Druck und die Volatilität in Schach zu halten.

Die USA ragen heraus, bleiben aber das „sauberste schmutzige Hemd“.

Der Ausreißer unter den entwickelten Volkswirtschaften sind die USA, wo die Verschuldung einen stark steigenden Trend aufweist. Auf den ersten Blick erscheint diese Dynamik besorgniserregend. Der Schuldenstand ist im Verhältnis zum BIP mit vielen anderen Industrieländern vergleichbar, in manchen Fällen sogar niedriger. Allerdings ist das Haushaltsdefizit – es liegt gegenwärtig bei etwa sechs bis sieben Prozent des BIP (siehe Abbildung 2) – viel größer als in anderen Ländern, vor allem im Vergleich zur zugrunde liegenden konjunkturellen Dynamik. Ein Beispiel: Die aktuell niedrige Arbeitslosenquote von vier Prozent würde typischerweise mit einem Defizit korrespondieren, das nur halb so hoch ist.

Abbildung 2 ist ein Liniendiagramm, das das Verhältnis des Staatsdefizits zum BIP der G7-Länder (USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Deutschland, Italien und Frankreich) von 2010 bis 2023 sowie entsprechende Prognosen bis 2028 zeigt. In allen Ländern wurden die Haushaltsdefizite über weite Teile der 2010er-Jahre schrittweise abgebaut. Doch die Covid-19-Pandemie befeuerte staatliche Konjunkturprogramme, die im Jahr 2020 zu einem sprunghaften Anstieg der Haushaltsdefizite führten. In Großbritannien erreichten sie 15 Prozent und in den USA 14 Prozent. Seitdem sind die Defizite in allen Ländern zurückgegangen. Das US-Defizit ist jedoch mit 6,4 Prozent noch immer erheblich höher als in den anderen Ländern. Datenquelle und andere Details werden in den Anmerkungen unter dem Diagramm aufgeführt.

Während die Emission von Netto-Schuldtiteln hoch ist (da sie zur Finanzierung der Haushaltsdefizite erforderlich ist), ist auch die Bruttoverschuldung zur Refinanzierung bestehender Schulden sprunghaft angestiegen. Das US-Finanzministerium hat einen Großteil des Zuwachses der Brutto-Emissionen auf den Markt für (kurzfristige) Schatzanleihen verlagert. Doch aufgrund der inversen Zinskurve hat die Verlagerung der Emissionen auf den Markt für US-Schatzanleihen die Zinszahlungen auf diese Schulden noch weiter in die Höhe getrieben.

Schlimmer noch: Anders als in anderen entwickelten Märkten besteht offenbar wenig Bereitschaft, die Haushaltspolitik zu straffen. Viele politische Weichenstellungen in den Bereichen Einwanderung, Handel und Regulierung werden von den Wahlen im November abhängen. Doch unabhängig von der Fraktionszusammensetzung im Kongress oder im Weißen Haus dürfte das Defizit in den kommenden Jahren weitgehend unverändert bleiben – und sogar noch etwas ansteigen, wenn Trumps Steuersenkungen Ende 2025 verlängert werden. (Einzelheiten dazu finden Sie in diesem aktuellen Video mit Libby Cantrill, Leiterin für Public Policy bei PIMCO: „Strukturelle Probleme könnten US-Defizit hoch halten“.)

Folglich dürfte die Staatsverschuldung in den USA im Verhältnis zum BIP deutlich ansteigen, und zwar weitaus stärker als in anderen Ländern (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3 ist ein Liniendiagramm, das die Schuldenquote mehrerer einzelner Länder (USA, Italien, Frankreich, Spanien und Großbritannien) von 1990 bis 2023 sowie Prognosen bis 2045 zeigt. In allen Ländern erreichte die Quote im Jahr 2020 während der Pandemie ihren Höchststand, bevor sie wieder leicht zurückging. Für die meisten Länder wird die prognostizierte Schuldenquote entweder leicht ansteigen oder unverändert bleiben. Eine Ausnahme bilden die USA, deren Schuldenquote voraussichtlich von 122 Prozent im Jahr 2023 auf mehr als 180 Prozent im Jahr 2045 steigen könnte. Datenquelle und andere Details werden in den Anmerkungen unter dem Diagramm aufgeführt.

Ein genauerer Blick auf die Haushaltslage der USA ergibt jedoch ein weniger düsteres Bild. Es stimmt, dass die Schulden (eine Bestandsgröße) im Verhältnis zum BIP (eine variable Größe) im vergangenen Jahrzehnt stark angestiegen sind. Doch im Verhältnis zum Netto-Nationalvermögen (einer Bestandsgröße) – also einem direkteren Vergleich – ist die Staatsverschuldung tatsächlich gesunken. Seit 2011 übersteigt das Wachstum des Kapitalstocks der Volkswirtschaft die öffentliche Kreditaufnahme.

Darüber hinaus unterliegen die USA weniger verbindlichen Haushaltsbeschränkungen als andere Länder. Zwar ist das Angebot an Schulden von entscheidender Bedeutung, doch ebenso wichtig ist die Nachfrage danach. Als Anbieter der globalen Reservewährung und vermeintlich sicherer Vermögenswerte erfreuen sich die USA einer höheren Nachfrage nach ihren Verbindlichkeiten als andere Länder.

Darüber hinaus ist die Steuerlast in den USA – rund 30 Prozent des BIP – im Vergleich zu anderen Ländern und zu ihrer eigenen Historie niedrig (siehe Abbildung 4). Dies bedeutet, dass die USA wahrscheinlich nicht an Obergrenzen der Besteuerung stoßen werden (im Wirtschaftsjargon: „Laffer-Kurve-Beschränkungen“). Im Gegensatz dazu ist in vielen europäischen Ländern die Steuerlast viel höher und in manchen Fällen sogar so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr, sodass weniger Spielraum für Steueranpassungen als Reaktion auf fiskalische Erfordernisse besteht.

Abbildung 4 ist ein Liniendiagramm, das Jahresdaten von 1900 bis 2023 zu den Staatseinnahmen (Steuern) als Prozentsatz des BIP für die G7-Länder (USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Deutschland, Italien und Frankreich) zeigt. Insgesamt stieg dieser Prozentsatz für alle Länder von zwei bis 13 Prozent im Jahr 1900 auf 29 bis 52 Prozent im Jahr 2023, wobei die USA den Tiefpunkt in diesem Bereich im Jahr 2023 markierten. Datenquelle und andere Details werden in den Anmerkungen unter dem Diagramm aufgeführt.

Aus diesem Grund dürften Anleger den USA hinsichtlich der Haushaltspolitik mehr Glaubwürdigkeit zusprechen als anderen Ländern. Bis zu einem gewissen Grad ist dies nichts Neues: Das Congressional Budget Office (CBO) prognostiziert bereits seit über einem Jahrzehnt einen immer weiter steigenden Schuldenstand der USA, doch die Finanzmärkte blieben davon weitgehend unbeeindruckt.

Zukunft der US-Schulden

Was bedeutet das für die US-Verschuldung in den kommenden Jahren? Aus den oben genannten Gründen dürfte insgesamt von einem Status quo auszugehen sein: Das Defizit ist nach wie vor hoch, die Schulden steigen weiter, und die Nachfrage nach US-Staatsanleihen ist weiterhin robust, was zum Teil auf den Status des US-Dollars als globale Reservewährung zurückzuführen ist.

Die Laufzeitprämie – ein Maß für die Entschädigung, die Anleger für das mit dem Halten längerfristiger Anleihen verbundene Risiko verlangen – könnte angesichts einer möglicherweise größeren gesamtwirtschaftlichen Unsicherheit und einer steigenden US-Verschuldung leicht steigen (weitere Informationen zur Laufzeitprämie finden Sie in dem aktuellen Artikel von PIMCO mit dem Titel „Will the True Treasury Term Premium Please Stand Up?“). Doch auch der Makrozyklus spielt eine Rolle: Wir gehen davon aus, dass die US-Notenbank mit der Senkung der Zinsen beginnen wird – wahrscheinlich schon in diesem Jahr –, sobald die Entscheidungsträger davon überzeugt sind, dass sich die Inflation wieder nachhaltiger der Zielmarke nähert. Bleiben die neutralen Zinssätze niedrig, könnte dies die Haushaltsaussichten in den USA möglicherweise bis zu einem gewissen Grad verbessern, selbst bei leicht höheren Laufzeitprämien (weitere Informationen zur PIMCO-Prognose für neutrale Leitzinsen finden Sie in unserem langfristigen Ausblick mit dem Titel „Renditevorteil“).

Allerdings können die Schulden nicht unendlich steigen. Um den haushaltspolitischen Kurs der USA nachhaltiger zu gestalten, wird irgendwann wohl eine Anpassung der Politik oder der Preise nötig sein. Die wahrscheinlichste langfristige Lösung – möglicherweise über einen besonders langfristigen Horizont (sagen wir, über zehn Jahre hinaus) – ist eine Form der Schuldenkonsolidierung durch Reformen der Sozialausgaben oder höhere Steuern. Dies erscheint derzeit zwar unwahrscheinlich, doch die Einstellung dazu könnte sich mit der Zeit ändern, vor allem wenn die Inflation und die Zinssätze auf einem unangenehm hohen Niveau verharren oder sogar wieder auf dieses Niveau zurückkehren.

Die Geschichte ist nicht immer ein verlässlicher Indikator, kann aber eine Orientierung bieten. Im vergangenen Jahrhundert haben die USA ihre Fiskalpolitik häufig verschärft, wenn der Eindruck entstand, dass hohe Zinssätze die Fiskalpolitik oder das Wachstum behindern. Der Anteil der Zinszahlungen an den Bundesausgaben hat frühere Perioden der Haushaltskonsolidierung erahnen lassen (siehe Abbildung 5). Derzeit machen die Zinszahlungen fast 14 Prozent der gesamten US-Ausgaben aus, Tendenz stark steigend. Auf frühere Episoden, in denen die Zinszahlungen ähnliche Höhen erreichten, folgte eine Haushaltskonsolidierung: nach dem Zweiten Weltkrieg (ebenfalls verbunden mit finanzieller Repression), unter Reagan in den späten 1980er-Jahren und unter Clinton in den 1990er-Jahren.

Abbildung 5 ist ein Liniendiagramm, das die Zinsaufwendungen der US-Regierung als Prozentsatz der Gesamtausgaben im Zeitraum 1940 bis 2024 zeigt, mit Prognosen bis 2035, wenn der Wert auf mehr als 16 Prozent steigen könnte. Weitere wichtige Daten in diesem Diagramm werden im vorhergehenden Absatz beschrieben. Datenquelle und andere Details werden in den Anmerkungen unter dem Diagramm aufgeführt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Zeitplan für die Haushaltsreform zwar extra langfristig sein mag – der Social Security Trust Fund beispielsweise wird voraussichtlich im Jahr 2035 seine Reserven aufgebraucht haben –, der Kongress jedoch eine lange Tradition darin hat, seine Haushaltspolitik bei veränderten Bedingungen entsprechend anzupassen, mit unterschiedlich starken Auswirkungen. Wie drastisch eine künftige Straffung der Geldpolitik ausfallen könnte, hängt von einer Reihe makroökonomischer Trends ab – Wachstum, Produktivität, Inflation, Demografie, Handel, Geopolitik – sowie vom politischen Willen und der Bereitschaft der politischen Führung in Washington.

Einschätzung der Risiken eher unwahrscheinlicher US-Schuldenpfade

Unser Basisszenario für die US-Wirtschaft ist eine Beibehaltung des Status quo steigender Schulden, was letztlich (auf sehr lange Sicht) zu einer Wende hin zu einer gewissen Haushaltskonsolidierung und -limitierung führen wird. Dennoch lohnt es sich, einige eher unwahrscheinliche Risikoszenarien zu bedenken.

Zunächst zum schlimmsten Fall: einem plötzlichen und ungeordneten Verlust der finanzpolitischen Glaubwürdigkeit, was mit einem Versiegen der Nachfrage nach US-Staatsanleihen und einem drastischen Anstieg der Laufzeitprämien verbunden wäre. Dieses Szenario ist höchst unwahrscheinlich. Die USA geben Verbindlichkeiten in ihrer eigenen Währung aus, und da die Federal Reserve de facto US-Dollar drucken kann, sehen wir bei US-Staatsanleihen kein Risiko eines nominalen Zahlungsausfalls. Die Rolle des Dollars als globale Reservewährung, die allgemeine Dynamik der US-Wirtschaft und weniger bindende Haushaltszwänge machen eine unkontrollierte Haushaltskrise ebenfalls äußerst unwahrscheinlich.

Zweitens ein Szenario fiskalischer Dominanz: Die politischen Entscheidungsträger greifen auf das Instrument einer hohen Inflation zurück, um den Nominalwert der Schulden zu verringern. Auch das ist unwahrscheinlich. Inflation ist eine unpopuläre politische Maßnahme und dürfte allein die Schulden nicht nachhaltig abbauen, weil auch die Kreditkosten tendenziell steigen. Langfristige Festzinsverbindlichkeiten sind hilfreich, da ihre Refinanzierung zu einem höheren Zinssatz einige Zeit in Anspruch nimmt. Allerdings hat die quantitative Lockerung (QE) nach der Pandemie die Gesamtlaufzeit der US-Staatsverbindlichkeiten verkürzt. Damit die Inflation die Schulden nachhaltig abtragen kann, muss sie folglich mit niedrigen Zinsen einhergehen – damit der inflationsbereinigte Realzins negativ wird. Dies kann wahrscheinlich nur durch finanzielle Repression oder eine Kontrolle der Zinskurve erreicht werden. Solche Maßnahmen waren nach dem Zweiten Weltkrieg üblich, und selbst damals kürzten die meisten Länder, die ihre Schulden erfolgreich abbauten, auch ihre Ausgaben. Allerdings scheint die institutionelle Glaubwürdigkeit mit Blick auf die Unabhängigkeit der Fed heute stärker zu sein. Dies zeigen die langfristigen Inflationserwartungen, die sich an der Zielvorgabe der Fed orientieren – selbst angesichts der Inflationsraten, die in den vergangenen Jahren deutlich über dem Zielwert lagen. Zwar könnten die Notenbanken eine leicht über dem Zielwert liegende Inflation („2-Komma-X“) für eine Weile tolerieren, doch dürften sie einen deutlichen Anstieg der Inflationserwartungen nicht zulassen.

Drittens eine günstigere Aussicht: Die US-Schuldenentwicklung entspannt sich dank einer deutlichen Beschleunigung des Wirtschaftswachstums. Auch das ist unwahrscheinlich. Zwar mag es Gründe dafür geben, über die Zeit mit einem Anstieg des BIP-Wachstums zu rechnen – etwa weil KI die Produktivität steigert. Doch um den Anstieg der Schuldenkurve abzuflachen, müsste sich das Trendwachstum des BIP ausgehend vom aktuellen Niveau mehr als verdoppeln. Ein höheres Wachstum würde die Steuereinnahmen steigern, wahrscheinlich aber auch die Kreditkosten erhöhen.

Anlagekonsequenzen

Aus unserem langfristigen Ausblick für die Schuldenlage in den Industrieländern lassen sich mehrere Schlussfolgerungen für Portfolios ziehen (weitere Informationen finden Sie in unserem neuesten langfristigen Ausblick mit dem Titel „Renditevorteil“):

  • Angesichts der hohen Schulden und Defizite rechnen wir künftig mit einer größerer Volatilität an den Märkten, da die Finanzmärkte empfindlicher auf fiskalische und politische Schocks reagieren. Die jüngste Volatilität bei den Spreads französischer Staatsanleihen ist ein Beispiel hierfür.
  • Ein eingeschränkterer haushaltspolitischer Spielraum wird bei künftigen Konjunkturabschwüngen tendenziell nur zu kleineren haushaltspolitischen Eingriffen führen. In Verbindung mit einer QE-Müdigkeit erwarten wir in den kommenden Jahren weniger Maßnahmen zur Unterdrückung der Volatilität, was zu einem schwankungsanfälligeren Makroausblick führt. Es könnte zwar zu einem allmählichen Anstieg der Laufzeitprämie kommen, doch wäre dies aus unserer Sicht kein Anzeichen für ein nachlassendes Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der US-Regierung.
  • Wir erwarten, dass die Zinssätze in den entwickelten Märkten langfristig sinken werden. Das liegt teilweise daran, dass die Fiskalpolitik voraussichtlich straff bleiben wird. Doch angesichts höherer Haushaltsdefizite dürfte die Zinsstrukturkurve steiler werden, und die Zinsen für kurzfristige Kredite dürften stärker steigen als die für langfristige.
  • Aufgrund der unterschiedlichen Haushaltsdynamik in den einzelnen Ländern können sich bei festverzinslichen Wertpapieren weltweit Relative-Value-Chancen ergeben. Wir glauben, dass die Rentenmärkte im Vergleich zu anderen Anlageklassen wettbewerbsfähige Renditen und ein geringeres Risiko bieten werden. Auf dem aktuellen Niveau und angesichts unseres Basisausblicks sehen wir eine Diversifizierung des Anleihenportfolios über die US-Duration hinaus als sinnvoll an.
Autor

Peder Beck-Friis

Economist

Richard Clarida

Global Economic Advisor

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