Blog Chancen und Risiken im Anlageuniversum der Schwellenländer Die Bewertungen der Schwellenländer muten attraktiv an, doch gilt es angesichts der globalen Inflation und der steigenden Zinssätze, länderspezifische Risiken im Auge zu behalten.
Ähnlich wie Sterngucker können Anleger davon profitieren, durch unterschiedliche Objektive zu blicken, um sich ein Gesamtbild zu machen. Drei Objektive, die oftmals bei der Beurteilung von Anlagemöglichkeiten zum Einsatz kommen, sind die Bewertungen, die markttechnischen Faktoren und die fundamentalen Eigenschaften. Die Beziehung, in der diese drei Objektive zueinander stehen, kann sich im Verlauf eines Marktzyklus ändern. In den Schwellenländern muten die Bewertungen – die beurteilen, was ein Vermögenswert gegenüber ähnlichen Wertpapieren im historischen Vergleich und mit Blick auf die Zukunftserwartungen wert ist – nach den Finanzmarktverlusten am Anfang des Jahres nun attraktiv an. So lagen die optionsbereinigten Spreads gemäß dem JPMorgan EMBI Global Index vom 29. Juli 2022 kürzlich im 98. Perzentil der Niveaus, die über die vergangenen 20 Jahre zu beobachten waren. Zugleich bleiben die Schwellenmärkte anfällig für technische Faktoren, wie etwa die Handelsdynamik eines bestimmten Markts oder der Stimmungswandel der Anleger. Nach Angaben von Emerging Portfolio Fund Research verzeichneten Schwellenländerfonds in diesem Jahr die umfangreichsten Abflüsse seit Beginn der Aufzeichnungen, und die Anlagegattung bleibt auch weiterhin anfällig, da die US-Notenbank und andere Zentralbanken ihre Leitzinsen erhöhen, um die Inflation zu bekämpfen, ohne eine Rezession anzustoßen. Sobald sich die Aussichten für die Inflation und die Geldpolitik deutlicher abzeichnen, könnte den Schwellenmärkten indessen eine Rally bevorstehen. Denn dann könnten die Fundamentaldaten – die die grundlegende finanzielle Situation und die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens oder eines Landes beschreiben – als Unterscheidungsmerkmal an Relevanz gewinnen. Derartige Unterschiede können in den Schwellenländern von entscheidender Bedeutung für die Anleger sein, da sich länderspezifische Risiken hier unter Umständen schneller und unerwarteter aufblähen als die Risiken in anderen Kreditmarktsektoren. Im Folgenden nehmen wir einige Bereiche der Schwellenmärkte unter die Lupe, die aktuell möglicherweise Anzeichen für erhöhte Risiken aufweisen. Potenzielle Abwärtsspiralen aufspüren Der Anlageprozess von PIMCO basiert auf unserem makroökonomischen Ausblick und unserer hausinternen Länder- und Einzeltitelanalyse. Um diesen Prozess zu optimieren, hat PIMCO einen Bewertungsrahmen entwickelt, der unerwartete „Black Hole“-Risiken einbezieht. Damit sollen extreme Situationen in einzelnen Ländern – in denen ein erster Kursrutsch unter Umständen keine Kaufgelegenheit signalisiert, sondern die Tür für weitere Verluste öffnet und eine Abwärtsspirale in Gang setzt, die Anlegern keinen Ausweg mehr bietet – erkannt und ausgeklammert werden. Ein umsichtiger Ansatz bei der Länder- und Wertpapierauswahl kann helfen, Erschütterungen wie Herabstufungen der Bonitätsnoten, politische Turbulenzen und Kurswechsel, eine Auferlegung von Kapitalkontrollen oder Zahlungsausfälle bei Staatsschuldverschreibungen zu antizipieren. Unser Risikomodell betrachtet Faktoren wie Inflation, BIP, Höhe der Schuldenlast und Defizite, Währungsreserven, Risiken im Unternehmens- und Bankensektor sowie die Verfügbarkeit einer Außenfinanzierung. Des Weiteren berücksichtigen wir qualitative Faktoren, darunter politische Entwicklungen, Wahlszenarien, soziale Ansprüche und andere Quellen latenter Risiken wie etwa eine Fehlausrichtung der Devisenbestände, implizite staatliche Eventualverbindlichkeiten und die Geopolitik. Daraus ergibt sich eine Übersicht über Frühwarnindikatoren für das staatliche Kreditrisiko, die im Zusammenhang mit der Schuldenlast, der Liquidität, finanziellen Ungleichgewichten und qualitativen Variablen stehen und letztlich eine Umstrukturierung von Anleihen oder Währungsabwertungen zur Folge haben könnten. Wenn wir diesen Überblick heute betrachten, ist die gute Nachricht, dass die Fundamentaldaten der Schwellenländer im Großen und Ganzen solide scheinen. In einigen wenigen Ländern könnten sie sich jedoch verschlechtern. Hinsichtlich der Marktkapitalisierung werden weniger als neun Prozent der Schuldtitel im JPMorgan EMBI Global Index zu Spreads gehandelt, die auf eine sich anbahnende Notlage schließen lassen (siehe Abbildung 1). Die am stärksten gefährdeten Segmente des Index zu bestimmen, kann Anleger dabei unterstützen, umsichtigere und defensivere Entscheidungen zu treffen – und beispielsweise nicht nach höheren Renditen zu trachten, indem sie zusätzliche Kreditrisiken in bestimmten Ländern eingehen. Unser Orientierungsrahmen soll stärker gefährdete Nationen herausstellen, damit wir diese im Voraus benennen und entsprechend vorsichtig mit ihnen umgehen können – so geschehen mit Sri Lanka im Jahr 2020, lange bevor das Land zwei Jahre später seine Schulden nicht mehr bedienen konnte. Auch wenn bonitätsschwächere Frontier-Märkte mitunter großes Wertpotenzial bieten, sind die Anleger gut beraten, angesichts der mit ihnen verbundenen Risiken Vorsicht walten zu lassen. Der Ratingagentur Moody’s zufolge weisen die bonitätsschwächsten Segmente der Schwellenländer aus historischer Sicht höhere Ausfallraten (12,2 Prozent) auf als ähnlich bewertete Unternehmensanleihen aus Industrieländern (9,3 Prozent). Außerdem mussten Schwellenländerwerte der schlechteren Ratingkategorien regelmäßig heftigere Kursverluste hinnehmen als US-Unternehmensanleihen (siehe Abbildung 2). Es ist oftmals ratsam, der Versuchung, gegenüber einem bestimmten Land übermäßig optimistisch zu werden, zu widerstehen, da das breitere technische Umfeld für die Schwellenländer bisweilen schwerer wiegen kann als die Fundamentaldaten. Einen Fokus auf die Minderung der Abwärtsrisiken zu richten, kann die Entwicklungen in einer potenziell volatilen Anlageklasse glätten. Obschon die Bewertungen der Schwellenländer inzwischen aussichtsreicher erscheinen – insbesondere mit Blick auf bestimmte bonitätsschwächere Emittenten –, ziehen wir es vor abzuwarten, bis mehr Klarheit in Bezug auf die nachteiligen globalen Einflüsse von heute herrscht, bevor wir einen optimistischeren Kurs einschlagen. Pramol Dhawan ist Leiter des Schwellenländer-Portfoliomanagements und Lupin Rahman ist Leiterin des Bereichs Staatsanleihen im Portfoliomanagement-Team für Schwellenländer.
Blickpunkt Schwellenländer dürften das Schlimmste hinter sich haben Nachdem sie im vergangenen Jahr eine Vielzahl globaler Herausforderungen überstanden haben, scheinen die Schwellenländer-Märkte bereit zu sein für bessere Zeiten und Aussichten, da die Inflation zurückgeht und der künftige Pfad der Geldpolitik deutlicher sichtbar wird.
Blickpunkt Ausblick für den Anleihenmarkt: Bewertungen suggerieren Potenzial für aktienähnliche Erträge bei geringerem Risiko Hochwertige Festzinsanlagen bieten so viel Renditepotenzial wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr, gepaart mit Diversifikationsvorteilen angesichts der voraussichtlichen Rezession.
Blickpunkt Fragen und Antworten zu globalen Anleihen: Ein Anker in unsicheren Zeiten Angesichts eines möglichen Konjunkturabschwungs sehen wir immer stärkere Argumente für Investments in hochwertige globale Anleihen, die potenziell attraktive Renditen bieten – und gleichzeitig das Portfolio diversifizieren können.