Blog EZB: Neues Inflationsziel, altbekannte Werkzeuge Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ein neu definiertes, ehrgeizigeres Inflationsziel verkündet. Wir glauben jedoch: Ohne neue Mechanismen, mit denen sich dieses Ziel erreichen lässt, wird die Teuerung auch dann hartnäckig deutlich unter der Marke von zwei Prozent verharren.
Die Überprüfung der geldpolitischen Strategie brachte ein überraschend zeitnahes Ergebnis: Die Europäische Zentralbank (EZB) führt mehrere Änderungen ein, die die Geldpolitik vermutlich für längere Zeit locker halten und transparenter machen könnten. Die gute Nachricht: Die EZB gab ein einfach nachvollziehbares, symmetrisches (das heißt, negative und positive Abweichungen bei der Inflationsrate sind gleichermaßen unerwünscht) Inflationsziel von zwei Prozent aus. Die nicht so gute Nachricht: Die EZB hat wenig dafür getan zu erklären, wie sie dieses Zwei-Prozent-Ziel erreichen will. Sie verpflichtete sich lediglich auf „besonders energische und beharrliche geldpolitische Maßnahmen, um negative Abweichungen vom Inflationsziel zu vermeiden“. Diese Aussage führt zu einem Glaubwürdigkeitsproblem, von dem wir annehmen, dass es die Inflationserwartungen auch weiterhin dämpfen wird. Was man anerkennen muss: Die EZB hat für Preisstabilität gesorgt, wenngleich in den vergangenen Jahren auf einem niedrigen Zinsniveau. Derzeit bewegt sich der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) auf einem Niveau, das einer Inflation von 1,7 Prozent entspricht. Die EZB möchte jetzt zwei Prozent erreichen. Der Unterschied zwischen 1,7 und 2,0 Prozent mag unbedeutend erscheinen. Aber für die Geldpolitik, die primär das rohe Werkzeug des Zinssatzes nutzt, um die Verbraucherpreise zu beeinflussen, macht er einen großen Unterschied aus. Lassen Sie mich mit folgendem Punkt beginnen: Die durchschnittliche Inflation von 1,7 Prozent, die wir bis dato gesehen haben, setzt sich aus zwei Teilen zusammen: In der Dekade nach der Verständigung auf die Einführung des Euro im Jahr 1999 betrug die Teuerung durchschnittlich zwei Prozent. Dieser Wert ging nach 2010 jedoch auf durchschnittlich 1,3 Prozent zurück. Wäre die Inflation über diese ganze Periode mit zwei Prozent pro Jahr gestiegen, läge der Verbraucherpreisindex um sieben Prozent höher als heute. Die EZB wollte nicht so weit gehen und sich zu dem Versprechen durchringen, dass sie diese frühere Unterschreitung der Zielmarke ausgleichen will. Indem die EZB ihr mittelfristiges Inflationsziel auf zwei Prozent nach oben verschoben hat, lädt sie zu der Frage ein, wie sie dieses ehrgeizigere Ziel von einem so niedrigen Startniveau aus und unter Einsatz derselben Werkzeuge erreichen will. Mit der Formulierung, sie wolle „besonders energische und beharrliche geldpolitische Maßnahmen“ ergreifen, nahm die EZB vermutlich Bezug auf ihr Notfall-Aufkaufprogramm während der Pandemie und ihre regulären Aufkaufprogramme für Vermögenswerte. Die Strategie-Überprüfung der Zentralbank ging aber nicht auf die spezifischen Methoden ein, wie das Zwei-Prozent-Ziel erreicht werden soll. Lediglich ein höheres Inflationsziel auszugeben, dann aber nicht den geldpolitischen Mix zu verändern – das trägt wenig dazu bei, die Zweifel zu zerstreuen, dass die EZB ihr neues Ziel auch wirklich erreichen kann. Weil sich der Leitzins effektiv bereits am unteren Ende des Korridors befindet, die Bilanz der EZB aufgebläht ist, und keine neuen Werkzeuge in Sicht sind, glauben wir, dass die Inflationserwartungen unterhalb der Marke von zwei Prozent bleiben werden. Die langfristigen und marktbasierten Messungen der Inflationserwartungen haben sich seit der Bekanntgabe der Strategie-Überprüfung kaum verändert und verharren bei rund 1,5 Prozent. Noch eine weitere Entscheidung hat die EZB bekannt gegeben: Sie will mit sofortiger Wirkung die Kosten-Vorabschätzungen für von den Eigentümern selbst genutzten Wohnraum in ihre Inflationsbewertung miteinbeziehen. Dieser begrüßenswerte Schritt sollte zu einer stärkeren Konvergenz der Inflationsraten in der Eurozone und anderen Ländern, wie zum Beispiel den USA, führen, wo diese Kosten schon in die Inflationsberechnungen einfließen. Wir rechnen damit, dass dieser Schritt den HVPI im Lauf der Zeit um etwa 0,1 Prozent anheben wird, was die Inflationsrate näher an ihre Zielmarke bringen sollte. Allerdings ist das neue Ziel nun weiter entfernt, was darauf schließen lässt, dass die Geldpolitik noch für längere Zeit locker bleiben dürfte. Die EZB hat sich auch dafür entschieden, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Preisstabilität in ihrer geldpolitischen Strategie zu berücksichtigen. Dieser Schritt verleiht den sogenannten ESG-Themen – Environment, Social, Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – quasi eine Art institutionalisierter Glaubwürdigkeit. Vermögensmanager wie PIMCO setzen vermehrt auf diese Kriterien. Und auch die Politik der EZB und der EU-„Regierung“ lassen sich so besser miteinander in Einklang bringen. Grünes „Quantitative Easing“ (Monetarisierung der Staatsschulden) könnte deshalb in Zukunft eine größere Rolle spielen. Die Vermögenspreise haben sehr stark auf die unkonventionelle Geldpolitik, wie zum Beispiel Anleihenkäufe, reagiert. Die Verbraucherpreise waren weniger reaktiv, was vermutlich der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarkts und Produktivitätssteigerungen geschuldet ist. Eine auf lange Sicht lockere Geldpolitik sollte auch weiterhin Unterstützung für risikobehaftete Anlageklassen bieten. Ohne signifikante Änderungen der Amplitude der fiskal- und geldpolitischen Antworten bleibt es für uns jedoch schwierig, ein zuverlässiges und glaubhaftes Szenario zu konstruieren, in dem sich die Inflation nachhaltig dem neuen Zwei-Prozent-Ziel der EZB nähert. Um einen detaillierten Ausblick auf Weltwirtschaft und Inflation im kommenden Jahr sowie die Implikationen für Investmententscheidungen zu erhalten, lesen Sie bitte den Artikel „Inflation am Wendepunkt“. Andrew Bosomworth und Konstantin Veit sind Portfoliomanager in der Niederlassung München. Beide schreiben regelmäßig für den Blog von PIMCO.
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